Mitt Romney schickt mit Paul Ryan einen profilierten Konservativen ins Rennen

Auch ein Favorit der Katholiken?

Die US-Präsidentschaftswahlen finden zwar erst am 7. November statt - doch ein Ergebnis steht schon heute fest: Der künftige Vizepräsident wird ein Katholik sein. Doch viel mehr haben der aktuell zweite Mann Joe Biden und Paul Ryan auch nicht gemein. Der Republikaner ist ein Tea-Party-Favorit, der mit seinen Positionen polarisiert.

Autor/in:
Ronald Gerste
 (DR)

Der republikanische Kandidat Mitt Romney hat am Wochenende den Kongressabgeordneten Paul Ryan zu seinem "running mate", seinem Kandidaten für das zweithöchste Staatsamt, ernannt. Das hat momentan der Katholik Joe Biden (69) inne, der - Gegenteiliges deutet sich nicht an - wohl erneut an der Seite von Barack Obama für die Demokraten kandidieren wird.



Die Gegensätze zwischen dem aus einfachen Arbeiterverhältnissen stammenden Biden (69) und dem Unternehmersohn Ryan (42) könnten nicht größer sein. Beide stehen für eine fundamental unterschiedliche Ideologie und auch für eine gänzlich andere Auffassung von christlicher Ethik im öffentlichen Leben. Ryan, der in seiner Jugend Messdiener war, geht mit seinen Kindern in seine Heimatkirche in Janesville im Bundesstaat Wisconsin. In den nächsten Monaten wird er die Messe wohl in jenen Orten besuchen müssen, in denen er gerade Wahlkampf macht.



Der liberale Biden geriet mit der katholischen Hierarchie in Konflikt, weil er die bestehenden Abtreibungsgesetze in den USA nicht ändern will. Ryan dagegen, ein Favorit der konservativen Tea Party, bewegt sich dagegen so weit am rechten Flügel der Republikaner, dass er noch zuletzt von einigen US-Bischöfen für wenig soziale Positionen gerügt wurde.



Ryan ist ein Öl-Millionär

Der erst 42-jährige Ryan, der bereits siebenmal für je zwei Jahre ins Repräsentantenhaus gewählt wurde, hat sich als Haushaltsexperte einen Namen gemacht. Sein Konzept, das Ryan-Budget, wird nun im Wahlkampf unweigerlich eine Hauptrolle spielen. Es zielt auf eine Reduzierung der exorbitanten Verschuldung der USA - die freilich zu einem namhaften Teil von Parteifreund George W. Bush zu verantworten ist. Ryan will den Haushalt mit Einsparungen in Billionenhöhe sanieren und den Einfluss des Staates reduzieren. Damit kommt er dem Ruf der Tea Party nach, die in der Obama-Regierung in Washington ein grundsätzliches Übel sehen - und gar "Sozialismus" wittern.



Wo Ryan kürzen wird, ist bereits bekannt: vor allem bei staatlichen Fürsorgeprogrammen wie der Krankenversicherung für ältere Bürger, die er wie andere Sozialleistungen "privatisieren", also aus der staatlichen Verantwortung nehmen will. Steuererleichterungen soll es vor allem für Konzern- und Kapitalgewinne geben. Damit ist er auf einer Linie mit Romney.



Auch wenn Ryan es nicht auf die geschätzten 250 Millionen Dollar Romneys bringt, wird sein Privatvermögen auf rund fünf Millionen Dollar geschätzt. Er verfügt über Investments in der Ölindustrie, dem wohl wichtigsten Förderer der Republikanischen Partei. Somit wird Ryan die Amerikaner kaum auffordern, das Auto stehen zu lassen und auf Fahrrad oder Eisenbahn umzusteigen.



Klarheit erst nach der Wahl

Die Kritik einiger Bischöfe bedeutet indes keineswegs, dass Ryan in der kirchlichen Hierarchie isoliert wäre. So wird ihm eine enge Beziehung zum New Yorker Kardinal Timothy Dolan nachgesagt. Denn auch wer mit Ryans Soziallehre Probleme hat - die ihm in Europa von Andersdenkenden als "soziale Kälte" ausgelegt und ihn praktisch unwählbar machen würde -, mag auf anderen Feldern genügend Übereinstimmung finden. Ryan kämpft gegen "Homo-Ehe" und Abtreibung.

Geht es nach ihm, müssen auch vergewaltigte und durch Inzest geschwängerte Frauen das Kind austragen. Einen Schwangerschaftsabbruch kann sich der Vater dreier Kinder allenfalls bei akuter Lebensgefahr der Mutter vorstellen.



Mit der Entscheidung für Ryan macht Mitt Romney nach Einschätzung von Analysten deutlich, dass er nicht davon ausgeht, die Wahl in der politischen Mitte gewinnen zu können. Der Schlüssel zum Erfolg liegt für ihn in der totalen Mobilisierung des konservativen, vor allem des religiös konservativen Segments der Bevölkerung, deren Herzen Ryan zufliegen. Ob die Mehrheit der US-Katholiken sich dort zuhause fühlt, auch das wird die Wahl zeigen.



Obama präsentiert katholisches Beraterteam

US-Präsident Barack Obama hat sein katholisches Beraterteam für den Wahlkampf vorgestellt. Das Gremium "Catholics for Obama", über das US-Medien am Dienstag berichteten, umfasst 21 Mitglieder und soll bei katholischen Wählern für die Positionen der demokratischen Regierung in ethischen Fragen werben. Der Schritt war von Beobachtern seit längerem erwartet worden. Obamas republikanischer Mitbewerber Mitt Romney hatte seine "Catholics for Romney" bereits vor zwei Wochen präsentiert.



Nach Meinung von Analysten sollen Obamas katholische Berater vor allem Boden in umstrittenen Fragen wie der gleichgeschlechtlichen Ehe oder Abtreibung gutmachen. Dort sieht sich der Präsident der Kritik von US-Bischöfen und Lebensschützern ausgesetzt.



Mitglieder sind bekannt für liberale Positionen

Prominentestes Mitglied des Gremiums ist die Witwe von Senator Edward Kennedy, Victoria Reggie Kennedy. Die katholische Zeitschrift "National Catholic Reporter" analysiert, wie Kennedy seien mehrere prominente Mitglieder der "Katholiken für Obama" katholischen Bischöfen durch liberale Positionen missliebig. Dem Team gehören unter anderen Politiker, Juristen, Theologen sowie sechs frühere US-Botschafter beim Vatikan an.



Der Politikwissenschaftler Stephen Schneck, Institutsdirektor an der Catholic University of America, wird mit den Worten zitiert: "Für Katholiken ist eine Regierung vor allem verpflichtet, sich um die Armen zu kümmern und die Nation als Ganze aufzubauen." Dies habe Obama am besten "verstanden". Der New Yorker Kardinal Timothy Dolan hat Obama ebenso wie Romney für Oktober zu einem hochrangigen Wohltätigkeits-Dinner eingeladen. Dies trug Dolan nach Angaben des "National Catholic Reporter" Kritik aus dem rechten Flügel ein; dieser befürchte dadurch einen Aufschwung Obamas bei katholischen Wählern kurz vor dem Wahltermin am 7. November.