16. "Marsch für das Leben" durch das Zentrum der Hauptstadt

Mit Maske und Abstand gegen Abtreibung und Suizidbeihilfe

Alljährlich ist es die bundesweit größte Kundgebung für den Schutz des Lebens: Trotz Corona und Gegendemonstranten machten sich wieder Tausende auf einen Schweigemarsch durch die Mitte Berlins.

Autor/in:
Gregor Krumpholz
Marsch für das Leben / © Gordon Welters (KNA)
Marsch für das Leben / © Gordon Welters ( KNA )

Fast Rücken an Rücken haben in diesem Jahr in Berlin Gegner und Befürworter eines Rechts auf Abtreibung für ihre Positionen geworben. Die Teilnehmer des alljährlichen "Marsches für das Leben" und eines "Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung" nutzten - auf verschiedenen Seiten - die Kulisse des Brandenburger Tors. Dennoch gerieten sie weniger aneinander als in früheren Jahren.

Da kam es durch den Marsch oft zu einer der lautstärksten Demonstrationen in der Hauptstadt. Es waren aber nicht die Teilnehmer aus ganz Deutschland, die Touristen erschreckt aufhorchen ließen. Vielmehr gaben Hunderte meist junge Gegendemonstranten aus dem linksalternativen Lager ihnen eine ohrenbetäubende Begleitmusik mit Sprechchören und Trillerpfeifen.

Marsch des Lebens in der Corona-Krise

Doch in diesem Jahr fiel der akustische Hintergrund trotz größerer Nähe weit weniger störend aus. Beigetragen haben dazu die über 900 Polizistinnen und Polizisten, die zur Sicherung beider Kundgebungen eingesetzt waren. Eine Rolle spielte dabei wohl auch die Corona-Krise.

Die damit verbundenen Vorsichtsmaßnahmen wie Maskenpflicht und Abstandhalten führten nach Angaben der Bundesverbands Lebensrecht (BVL) als Veranstalter dazu, dass die 16. Auflage des Marsches nur rund 3.000 Teilnehmer hatte. Damit waren es rund 5.000 weniger, als vom BVL, einem Zusammenschluss von zwölf Organisationen, im vergangenen Jahr geschätzt. Deshalb wurde die Kundgebung unter anderem im Internet live übertragen. Die Gegendemonstration hatte nach Schätzung der Polizei bis zu 1.000 Teilnehmende, die eine unbeschränkte Freigabe von Schwangerschaftsabbrüchen forderten.

Forderungen an die Politik

Damit drangen sie beim Bühnenprogramm des Marsches, wie immer mit viel Sacro-Pop, nur zeitweise durch. BVL-Vorsitzende Alexandra Linder konnte die von ihrem Verband formulierten Forderungen an die Politik per Akklamation der Teilnehmer bestätigen lassen. Sie wandten sich damit gegen Euthanasie und assistierte Selbsttötung, gegen Präimplantationsdiagnostik und pränatale Bluttests sowie dafür, das Embryonenschutzgesetz zu erhalten. Überdies verurteilten sie Leihmutterschaft, "eine weitere Legalisierung und Verharmlosung der Abtreibung" und eine "Verwendung von Zellen abgetriebener Kinder bei der Impfstoffherstellung".

Vor dem Schweigemarsch über eine Strecke von drei Kilometern würdigte der frühere Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer als einer der Gastredner die Lebensschutzbewegung als "große Bürgerinitiative". Der Schutz der Schöpfung dürfe "das ungeborene Leben nicht ausschließen", warnte der CSU-Politiker. Die sich für schwangere Frauen engagierende Ordensschwester Monja Boll rief dazu auf, sie "in dramatischen Lebenssituationen ernst zu nehmen und ihnen beizustehen".

Mehrere Bischöfe unter den Teilnehmern

Der frühere Leiter der Evangelisationsbewegung ProChrist, Ulrich Parzany, beklagte indes mit Blick auf den Lebensschutz einen "Dammbruch" durch das Bundesverfassungsgericht, weil es im vergangenen Februar das gesetzliche Verbot geschäftsmäßiger Suizidbeihilfe für grundgesetzwidrig erklärt hatte. Parzany kritisierte auch Hannovers evangelischen Landesbischof Ralf Meister, weil er für ein Recht auf Selbsttötung plädiert hatte und auch entsprechende Beihilfe zum Suizid in kirchlichen Einrichtungen für zulässig hält.

Unter den kirchlichen Spitzenvertretern war wie im Vorjahr indes kein evangelischer Landesbischof, während von katholischer Seite erneut die Diözesanbischöfe Wolfgang Ipolt (Görlitz) und Rudolf Voderholzer (Regensburg) sowie Weihbischof Florian Wörner (Augsburg) kamen. Den Abschlussgottesdienst hielt der Berliner Erzbischof Heiner Koch, der es wegen der vielen Absperrungen fast nicht geschafft hätte. In seiner Predigt hob er das Lebensrecht jedes Menschen "vom ersten Augenblick im Mutterleib bis zum letzten Atemzug" hervor. Wer dies missachte, sehe aus der Geschichte, welche Folgen es habe, warnte Koch.


Demonstranten beim "Marsch für das Leben" / © Gordon Welters (KNA)
Demonstranten beim "Marsch für das Leben" / © Gordon Welters ( KNA )
Quelle:
KNA