Mit brennenden Barrikaden protestieren Südafrikaner über miserable Lebensbedingungen

Die Wut in den Hütten

Arbeitsplätze, Häuser, Strom und fließend Wasser - das versprach Jacob Zuma vor seiner Wahl zum Präsidenten im Mai. Doch der Aufschwung geht nur langsam voran. Entsprechend ist der Unmut groß. Die Menschen in den Slums machen ihrem Ärger Luft.

Autor/in:
Corinna Arndt
 (DR)

«Demokratie kann man schließlich nicht essen», heißt es oft in den Armenvierteln. Der Unmut ist groß: In den vergangenen Wochen brannten in mehr als 20 Gemeinden Barrikaden. Steine flogen auf Polizisten, Autos gingen in Flammen auf.

Mehr denn je ist den Menschen in den Hütten bewusst, wie unendlich langsam es für sie seit der ersten demokratischen Wahl 1994 aufwärtsgeht. Und so machen sie ihrem Ärger Luft. Die Ordnungshüter reagierten mit Gummigeschossen und Tränengas. Die Politik mit Verständnis für die Sorgen und Nöte der Armen - und weiteren Versprechen. Und die Medien erinnern daran, wie vor gut einem Jahr dieselbe Wut zu einer Welle von Gewalt gegen Ausländer führte.

Tutu: Südafrika ist ein Pulverfass
Das Phänomen ist nicht neu. Der frühere anglikanische Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu verglich Südafrika schon
2006 sei wegen der tiefen Kluft zwischen Arm und Reich mit einem Pulverfass. Seit Jahren flammen immer wieder Proteste auf, die oft nicht friedlich abgehen, aber immer gute Gründe haben. Es sind immer
dieselben: Die Menschen wollen ein dichtes Dach gegen den Regen, Stromanschluss, fließend Wasser und ein funktionierendes Gesundheitssystem.

Zwar hat die Regierung der früheren Befreiungsbewegung Afrikanischer Nationalkongress (ANC) seit dem Ende der Apartheid fast drei Millionen Häuser gebaut, doch noch immer leben mehr als eine Million Südafrikaner in Hütten aus Pappe und Wellblech. Jetzt, im südafrikanischen Winter, zittern die Menschen im hoch gelegenen Landesinneren vor Kälte, während über die südwestlichen Regionen Stürme in Orkanstärke fegen und starke Regenfälle ganze Slumsiedlungen unter Wasser setzen. Wie jedes Jahr.

Nach einer Rekordzahl von 35 Protesten 2005 wurden im vergangenen Jahr 27 gezählt. In diesem Jahr sind es bereits 24. "Wir befürchten einen neuen Höchstwert", sagte Karen Heese vom Beratungsunternehmen Municipal IQ der Wochenzeitung "Mail & Guardian". Der wachsende Unmut hängt auch mit den Folgen der globalen Finanzkrise zusammen. Erstmals seit 17 Jahren rutschte Südafrika in eine Rezession. Das macht die Lage für eine Regierung, die unter dem Mitte-Links-Banner angetreten ist, noch schwieriger.

Das Geld wird knapper
Den Politikern ist klar, dass das Geld knapper wird. Schnelle Lösungen gibt es ohnehin nicht. Umso wichtiger ist es, dass die vorhandenen Mittel dorthin fließen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Doch gerade auf der Provinz- und Kommunalebene hakt es gewaltig: In vielen Gemeinden werden die Budgets fast regelmäßig nicht voll ausgegeben, es fehlt an fähigen Bürokraten, vielerorts blüht die Korruption.

"Wir verstehen mittlerweile, dass wir auf Gemeindeebene eventuell werden einschreiten müssen", sagt ANC-Sprecher Ishmael Mnisi. Doch das Problem ist nicht neu. Seit Jahren schon richten sich die Proteste in den meisten Fällen gegen örtliche Bürgermeister oder ANC-Gemeinderatsvorsitzende, die ihr politisches Amt eher mit persönlicher Bereicherung verbinden als mit einer Pflicht gegenüber den Bürgern. Mancher Südafrikaner stört sich auch daran, dass sich Zumas neue Minister reihenweise Luxuskarossen als Dienstwagen zulegen, auch wenn das nicht illegal ist.