Missbrauchsreport für die Erzdiözese Dublin veröffentlicht

Schockiert und beschämt

Die Erzdiözese von Dublin soll Kindesmissbrauch durch Geistliche über Jahrzehnte hinweg systematisch vertuscht haben. Zu dem Schluss kommt laut irischen Medienberichten von Justizminister Dermot Ahern veröffentlichte Report der sogenannten Murphy-Kommission. Die katholische Kirche in Irland reagiert entsetzt.

 (DR)

Der Primas und Kardinal Sean Brady zeigte sich «schockiert und beschämt» über den sexuellen Missbrauch durch Geistliche in der Erzdiözese Dublin. In einer Stellungnahme zu dem am Donnerstag veröffentlichten Murphy-Report entschuldigte sich der Erzbischof von Armagh bei den Opfern und ihren Familien.

Außerdem bat Brady die irische Bevölkerung um Verzeihung für die Vertuschung der Missbrauchsfälle durch die Kirche. Er bedauere, dass die Kirche die Bewahrung ihres eigenen Rufes «über die Sicherheit und das Wohl der Kinder» gestellt habe, hieß es weiter. Die Sicherheit von Kindern sei das oberste Gebot der Kirche, so der Primas: «Niemand in diesem Land steht über dem Gesetz.» Brady forderte alle Katholiken auf, bei der Aufdeckung von Verbrechen voll mit der Polizei zu kooperieren.

Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, entschuldigte sich ebenfalls in einer ersten Reaktion für das Verhalten der Kirche und erklärte, er sei traurig und beschämt. Das Schlechte, das vielen Kindern in kirchlichen Einrichtungen angetan worden sei, könne niemals wieder gutgemacht werden.

Bericht: Mehrheit der Priester hat bewusst weggeschaut
Der Bericht hat den Umgang mit Vorwürfen untersucht, wonach insgesamt 46 Geistliche des Erzbistums in über 30 Jahren Kinder sexuell missbraucht haben sollen. Im Fokus stand dabei das Verhalten von fünf Erzbischöfen und dreizehn Weihbischöfen Dublins sowie Staatsanwaltschaft, Polizei und Gesundheitsbehörden. In einem Fall von Mitwisserschaft soll die Polizei mit der Kirche zusammengearbeitet und einem Täter das Verlassen des Landes ermöglicht haben.

Der Missbrauch etlicher Kinder sei den kirchlichen Autoritäten nicht verborgen geblieben, so der Bericht. Die Mehrheit der Priester habe bewusst weggeschaut. Für die Kirche habe immer die Wahrung ihres Namens und der Schutz der Geistlichen im Vordergrund gestanden. Dem Report zufolge gibt es keine Beweise für die Existenz eines Pädophilenrings, wohl aber habe es "besorgniserregende Verbindungen" zwischen Tätern gegeben.

"Der Bericht wird uns alle schockieren"
Die Kommission unter der Leitung von Richterin Yvonne Murphy wurde im März 2006 mit der Untersuchung beauftragt. Der Report befasst sich vornehmlich mit Missbrauchsvorwürfen von 1975 bis 2004, erhoben von 320 Personen. Seit Mai 2004 wurden 130 weitere Vorwürfe gemeldet.

Der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, hatte schon im Vorfeld der Veröffentlichung gesagt, der Bericht "wird uns alle schockieren". Psychologische Beratungsstellen in ganz Irland haben sich in den vergangenen Wochen intensiv auf den erwarteten Bedarf an Hilfe vorbereitet.

Der Bericht der Murphy-Kommission für die Diözese Dublin folgt dem im Mai veröffentlichten Ryan Report, der zu dem Ergebnis kam, dass irlandweit über Jahre mehr als 2.000 Kinder in kirchlichen Einrichtungen misshandelt, geschlagen oder sexuell missbraucht worden seien. Prügel und sexueller Missbrauch vor allem von Jungen kamen demnach in diesen Häusern seit den 30er Jahren häufig vor. Auch diese Studie hatte Kirche und Staat in Irland vorgeworfen, die Augen vor den Zuständen in den Heimen verschlossen zu haben.