Missbrauchs-Verdacht in Salzgitter weitet sich aus

Weitere Opfer möglich

Der neue Fall von sexuellem Missbrauch an Kindern durch einen katholischen Geistlichen aus Salzgitter weitet sich aus. Zwei weitere minderjährige Opfer seien ermittelt worden, teilte die Polizei nun mit. Es handele sich dabei um ein Kind und einen Jugendlichen aus dem Raum Salzgitter.

 (DR)

Der Beschuldigte habe diese Vorwürfe wie schon zuvor den mehrfachen Missbrauch an einem Jungen im Wesentlichen eingeräumt. An dem zu Beginn der Tatzeit 10-jährigen Jungen soll der am Wochenende verhaftete Pfarrer aus Salzgitter seit 2004 "in einer Vielzahl von Fällen" sexuelle Handlungen vorgenommen haben, sagte die Sprecherin der Braunschweiger Staatsanwaltschaft, Birgit Seel.



Der Hildesheimer Weihbischof Heinz-Günter Bongartz sprach von einem "schrecklichen Rückfall" und einem "Desaster" für das Bistum Hildesheim und die katholische Kirche. Er betonte, dass das Bistum die Staatsanwaltschaft bei ihren Ermittlungen nach Kräften unterstützen werde. Der Beschuldigte wurde bis auf Weiteres von seinen Ämtern beurlaubt.



Vorwürfe schon 2006 erhoben

Nach Angaben von Bongartz waren dem Bistum bereits 2006 Vorwürfe gegen den verhafteten Pfarrer wegen angeblich distanzlosen Verhaltens gegenüber einer Person bekannt geworden. Es sei damals allerdings nicht um sexuelle Übergriffe gegangen. Gleichwohl habe das Bistum die Staatsanwaltschaft gebeten, den Verdacht eines etwaigen Missbrauchs zu prüfen. Die Ermittlungsbehörde habe damals aber keinen Anhaltspunkt für einen Anfangsverdacht gesehen.



In einem persönlichen Gespräch habe er dem Pfarrer aus Salzgitter die Position der katholischen Kirche klar gemacht, wo die Grenzen im Umgang mit Jugendlichen lägen, sagte Bongartz weiter. Zu diesen Grenzen gehörten klare Regeln etwa bei Übernachtungen, bei Geschenken und beim Duschen bei Freizeiten. Nach diesem Gespräch habe es keinen Grund mehr gegeben, den Pfarrer in seiner seelsorgerlichen Arbeit zu beschränken.



Der beschuldigte Priester war am Freitag festgenommen und seine Wohnung durchsucht worden. Die Ermittler stellten Datenträger und Schriftmaterial sicher. Das Amtsgericht Salzgitter ordnete am Samstag die Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr an.



Fahrt nach Taizé abgesagt

Am Sonntag wollte der Pfarrer eigentlich mit Jugendlichen zu einer Freizeit in den französischen Wallfahrtsort Taizé aufbrechen. Die Reise wurde nach der Festnahme des Mannes aber kurzfristig abgesagt.



Die Ermittlungen gegen den 46-Jährigen waren ins Rollen gekommen, nachdem der Junge Anzeige erstattet hatte, dass er als Kind sexuell von dem Pfarrer missbraucht worden war. Die Polizei Braunschweig hat mittlerweile die Sonderkommission "Peccantia" (lat. Sünde) gebildet, die besonders prüft, ob es noch weitere Opfer gibt.



Nach einem Bericht der "Braunschweiger Zeitung" (Montagausgabe) hat sich 2007 in der Wohnung des Pfarrers im Pfarrhaus ein junger Mann erschossen. Er soll dort Wohnrecht gehabt haben. Ein Teil der katholischen Gemeinde habe sich seit diesem Vorfall um einen neuen Pfarrer bemüht. "Es gab Knatsch, wir wollten ihn weghaben und haben uns an das Bistum Hildesheim gewandt", zitiert das Blatt ein Gemeindemitglied.