Missbrauch in Kinderpsychiatrie Marsberg

Sexuelle Übergriffe und Schläge

In der Kinder- und Jugendpsychiatrie St. Johannesstift in Marsberg soll in den 1950er und 60er Jahren massive sexuelle Übergriffe durch Pfleger und Nonnen gegeben haben. In einem WDR-Bericht ist außerdem von körperlicher Gewalt die Rede.

Unterricht in Marsberg in den 1950ern / © lwl.org
Unterricht in Marsberg in den 1950ern / © lwl.org

Im Fernsehmagazin Westpol, das am Sonntag ausgestrahlt wird, kommen Betroffene "nach Jahrzehnten des Schweigens" zu Wort, wie der WDR am Samstag in Köln ankündigte. Einer der Patienten beschreibe, wie ihn eine Schwester der Vincentinerinnen 1964 im Alter von 13 Jahren mehrfach in ihr Zimmer beordert habe. Dort habe er sich ausziehen müssen, die Schwester habe sexuelle Handlungen an ihm vorgenommen. Ein weiterer damaliger Patient schildere, von Nonnen immer wieder extensiv im Genitalbereich gewaschen worden zu sein.

Bereits in den vergangenen Wochen habe Westpol über massive Übergriffe berichtet, erklärte der Sender. Ehemalige Patienten aus Kinder- und Jugendpsychiatrien in Marsberg, Bad Oeynhausen und Schleswiggeben geben demnach an, in den Einrichtungen bis in die 70er Jahre geschlagen und mit Medikamenten ruhiggestellt worden zu sein.

Sie seien mit eiskalten Bädern gequält und in Einzelzellen gesperrt worden. In der Sendung komme auch der Sozialpädagoge und Psychotherapeut Manfred Kappeler zu Wort, der die Schilderungen für glaubwürdig halte, hieß es.

Generaloberin bietet Gespräche an

Von der Westpol-Redaktion mit den Vorwürfen der Opfer konfrontiert, zeige sich die Generaloberin der Vincentinerinnen, Schwester M. Cäcilie Müller, betroffen. Mit Betroffenen, die sich an die Vincentinerinnen wenden, möchte die Generaloberin den Angaben nach Gespräche führen, um die Vergangenheit aufzuarbeiten. Bis 1980 waren die Nonnen im St. Johannesstift in Marsberg für Pflege und Versorgung zuständig. Auch der heutige Träger der Einrichtung in Marsberg, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, lädt den Angaben nach Betroffene zu Gesprächen ein.

Bislang haben Menschen, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen wurden, kein Anrecht auf Entschädigung. Sie wurden nach WDR-Angaben als Opfergruppe beim Runden Tisch "Heimerziehung" ausgespart. In einer Petition an den Bundestag fordern sie die Aufarbeitung ihres Leids und Entschädigung.


Quelle:
epd