Misereor-Jahresbericht im domradio vorgestellt

Wege aus der Biosprit-Falle

Biosprit - so lautet eines der neuen Zauberwörter im Kampf gegen den Klimawandel. Doch die Kraftstoffe aus Pflanzen sind nicht das Ei des Kolumbus, als das sie angepriesen werden. Misereor-Geschäftsführer Josef Sayer erklärt im domadio, was sein Hilfswerk kritisiert.

 (DR)

Das katholische Hilfswerk Misereor hat Deutschland und die Europäische Union aufgefordert, auf Agrartreibstoffe aus Entwicklungsländern zu verzichten. Die Beimischungspflicht von 12 und 10 Prozent sei abzuschaffen, sofern der Agrartreibstoff von dort eingeführt werde, so Josef Sayer. Die deutsche und europäische Agrotreibstoffpolitik dürfe nicht zu einer Verschärfung der aktuellen Nahrungsmittelkrise und der weltweiten Armut führen. "Nahrungsmittel im Tank" seien keine Lösung für den Klimaschutz.

Sayer verwies auf das Beispiel Brasilien. Dort komme der Sprit aus pestizidintensiven Monokulturen, die die Nahrungsmittelproduktion verdrängten und zur Zerstörung der Ökosysteme beitrügen. 27 Prozent der Flächen, auf denen der Zuckerrohranbau 2007 expandiert sei, habe vormals der Nahrungsmittelproduktion gedient. Der Preis für das brasilianische Grundnahrungsmittel Bohnen sei in den zurückliegenden 12 Monaten um 160 Prozent gestiegen. Dies bedeute ein Desaster für die Ärmsten.

Der Hauptgeschäftsführer nannte es absurd, mit industrieller Agrarproduktion die Landwirtschaft revolutionieren und den Hunger beseitigen zu können. Ohne Kunstdünger und Pestizide könnten die von Agrarkonzernen gezüchteten Sorten meist nicht eingesetzt werden. Der Schlüssel zur Bekämpfung von Hunger und Armut liege vielmehr in der Förderung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft, die weniger Energie verbrauche und die Lebensgrundlagen nicht angreife.

Spendeneinnahmen auf "gesundem Niveau"
Sayer kritisierte, dass 2007 nur vier Prozent der internationalen Entwicklungshilfe zur Förderung der Landwirtschaft eingesetzt worden sei. Er appellierte an die Bundesregierung, die ländliche Entwicklung in den Mittelpunkt zu rücken. Weiter fordert er von den Industrieländern, als Verursacher des Klimawandels nachhaltige Produktionsweisen und Lebensstile zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes zu entwickeln. Es sei eine "Illusion", solche Ziele durch "das Auswechseln einiger Glühbirnen" oder den Einsatz von sogenanntem Biosprit aus den Südkontinenten erreichen zu können.

Der Hauptgeschäftsführer äußerte sich bei der Präsentation des Jahresberichtes 2007 des katholischen Entwicklungshilfswerks. Die Einnahmen aus Spenden, kirchlichen Haushaltsmitteln und staatlichen Mitteln der Katholischen Zentralstelle für Entwicklungshilfe (KZE) beliefen sich auf 149,4 Millionen Euro. Sie hätten sich damit auf die Höhe von 2004 eingependelt und nach den durch den Tsunami geprägten Jahren auf einem "gesunden Niveau" stabilisiert. 2006 beliefen sich die Einnahmen auf 153,2 Millionen Euro und 2005 auf 163,9 Millionen Euro. Die Ausgaben für Verwaltung und Werbung betrugen laut Sayer 7,1 Prozent. Durch Spenden habe Misereor im vorigen Jahr 49,7 Millionen Euro erzielt, davon 21,7 Millionen Euro aus der jährlichen Fastenkollekte.

Die KZE unterstützte nach den Worten ihres Vorsitzenden, Prälat Karl Jüsten, 2007 aus Mitteln des Entwicklungsministeriums 443 Projekt mit insgesamt 94,9 Millionen Euro. Jüsten, der das Kommissariat der deutschen Bischöfe in Berlin leitet, forderte die Regierung auf, den Entwicklungs-Etat 2009 um die zugesagte jährliche Steigung von 750 Millionen Euro zu erhöhen. Einmal gemachte Versprechung dürften nicht widerrufen werden.