Misereor-Geschäftsführer zur Lage in Simbabwe

Ein Quantum Hoffnung

Simbabwe sorgt derzeit mit seltenen Nachrichten für Schlagzeilen - mit guten. Die Wirtschaft erholt sich, die Zahl der Cholera-Erkrankungen geht zurück. "Es liegt bei aller Sorge und Skepsis auch sehr viel Hoffnung in der Luft", sagt Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. Nach einer Woche in Simbabwe sprach er am Dienstag über den politischen Übergangprozess und die Chancen für eine längerfristige positive Entwicklung in dem südafrikanischen Land.

Autor/in:
Caroline Schulke
 (DR)

KNA: Herr Bröckelmann-Simon, welchen Eindruck bringen Sie aus Simbabwe mit?
Bröckelmann-Simon: Einen zuversichtlichen. Die Situation ist viel besser als Ende des vergangenen Jahres. Damals gab es nichts: Keine Lebensmittel in den Supermärkten und auf den Märkten, kein Benzin.
Nichts. Das war eine verzweifelte Situation, in der wir zusammen mit der Caritas und der Unterstützung vom Auswärtigen Amt Lebensmittel-Hilfen begonnen haben.

KNA: Und jetzt?
Bröckelmann-Simon: Die Versorgungslage ist deutlich besser. Die Regale sind voll wie in Südafrika. Der Simbabwe-Dollar ist verschwunden und alles wird in US-Dollar oder in südafrikanischen Rand bezahlt. Es ist relativ schnell alles zu bekommen. Das liegt natürlich auch an der Regenzeit. Wo gesät wurde, ist die Ernte relativ gut.

KNA: Aber?
Bröckelmann-Simon: Die Krise zuvor war so gravierend, dass die Menschen Saatgut essen mussten, um zu überleben. Deshalb sind nur 30 Prozent der Ernte zu erwarten. Jetzt gilt es, die Menschen mit ausreichend Saatgut für die kommende Saison zu versorgen, damit nicht der nächste Versorgungsengpass folgt.

KNA: Wie können Sie als Hilfswerk in Simbabwe überhaupt tätig werden?
Bröckelmann-Simon: Wir haben eine Verbindungsstelle in der Erzdiözese Harare. Und so wie sich derzeit die Möglichkeiten für die Kirche insgesamt etwas verbessert haben, gilt das auch für uns. In der Zeit massiver Repression galt es schon, aufzupassen. Aber derzeit ist die Lage deutlich entspannter. Es gibt keine Behinderungen oder Übergriffe. Ich konnte zum Beispiel ungehindert durch das Land reisen.

KNA: Sind die guten Nachrichten ein erster Erfolg der Einheitsregierung unter dem ehemaligen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai?
Bröckelmann-Simon: Sie sind ein Ergebnis der Übergangsregierung und des Übergangsprozesses. Von Einheit kann ja eigentlich nicht die Rede sein. Es geht eher um einen ständigen Kompromiss. Aber es zeigt sich, dass die Beschlüsse der Regierung etwa für eine harte Währung gleich Ergebnisse zeitigen. Und das stärkt die Zuversicht. Von Woche zu Woche fassen die Menschen mehr Vertrauen darin, dass der Übergang gelingen kann. Es liegt bei aller Sorge und Skepsis auch sehr viel Hoffnung in der Luft. Das muss auch die internationale Gemeinschaft unterstützen, selbst wenn man um die Risiken weiß.

KNA: Bestehen aus Ihrer Sicht also Chancen auf eine langfristige Besserung der Lage?
Bröckelmann-Simon: Es gibt Hoffnung für Simbabwe. Voraussetzung ist, dass der Verfassungsprozess gelingt. Dazu müssen die Menschen eingebunden und beteiligt werden; auch, um ihnen die Angst zu nehmen. Das ist zugleich eine Aufgabe und Chance für die Kirche. Die humanitäre Situation wird natürlich weiter angespannt bleiben. Die Cholera etwa ist derzeit zurückgegangen. Aber die Infrastruktur ist weiter schlecht, Trinkwasser weiter verunreinigt. Das wird ein Problem bleiben.

KNA: Woran hapert es sonst noch?
Bröckelmann-Simon: Es gibt natürlich eine Menge Stolperfallen und Risiken. So bleibt die Situation der öffentlichen Bediensteten ein Problem. Die bekommen kein Gehalt und verlassen das Land. Staatliche Krankenhäuser und Schulen verlieren ihre Bediensteten.

KNA: Wie kann man dem entgegensteuern?
Bröckelmann-Simon: Die internationale Gemeinschaft muss finanziell Hilfe leisten und etwa Lehrer und Krankenschwestern direkt bezahlen.
Hierbei müssen sich alle Länder beteiligen, auch Deutschland. Die Regierungen der großen Industrienationen sollten bedenken: Wenn das Projekt Simbabwe nicht gelingt, hätte das verheerende Auswirkungen für die gesamte Region.