Misereor befürchtet stärkere Monopolisierung auf Lebensmittelmarkt

Tomaten mit Patentschutz

Das Hilfswerk Misereor hat zum Protest gegen Patente auf Pflanzen und Nutztiere aufgerufen. Hintergrund ist ein laufender Patentstreit um Brokkoli und Tomaten. "Internationale Konzerne übernehmen die Kontrolle über die Grundlagen der Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung", so das katholische Hilfswerk.

 (DR)

Firmen wie Monsanto, Dupont, Syngenta, Bayer und BASF sicherten sich mit den Patenten Monopolrechte an Pflanzen und Tieren. Eine für Mittwoch geplante öffentliche Anhörung des Europäischen Patentamts  zum umstrittenen Patent auf Brokkoli war vergangene Woche abgesagt worden. Eine Konkurrenzfirma hatte ihren Einspruch zurückgezogen. Dessen ungeachtet halten die Patentgegner an ihren Protestaktionen fest.



Kritik: Kein Patentschutz bei konventioneller Züchtung

Ihre Kritik richtet sich gegen die Praxis der Behörde, immer häufiger nicht nur gentechnisch veränderte, sondern auch konventionell gezüchtete Organismen unter Patentschutz zu stellen.



Inzwischen seien 100 europäische Patente auf Sorten aus herkömmlicher Züchtung erteilt worden, sagte Greenpeace-Berater Christoph Then am Dienstag in München. Weitere 1.000 Anträge seien anhängig. Zugleich kauften Firmen wie Monsanto immer mehr Zuchtbetriebe auf. So werde der Zugriff auf Saatgut monopolisiert und der Artenreichtum eingegrenzt. Landwirte, Lebensmittelhersteller und Verbraucher würden abhängig von wenigen Konzernen.



Misereor: Vielfalt und Züchtungswissen gehen verloren

"In den armen Ländern geht das Wissen über die Züchtung lokal angepasster Sorten verloren", beschrieb Kerstin Lanje vom katholischen Hilfswerk Misereor eine der Folgen. Drei Viertel der einst weltweit für die Lebensmittelherstellung verwendeten Pflanzenarten gebe es schon nicht mehr. Die Landwirte dürften patentiertes Saatgut nicht untereinander tauschen und auch nicht züchterisch verbessern.



Die Kritiker verwiesen auf eine 2010 getroffene Grundsatzentscheidung des Europäischen Patentamts. Demnach sind Verfahren zur Pflanzenzüchtung nicht patentierbar. Trotzdem seien einzelne Patente auf Züchtungsergebnisse, etwa auf Brokkoli und Tomaten, als Erfindungen behandelt worden. Dies sei ein Widerspruch.



Druck auf Politik

Die Organisationen forderten Politiker in Deutschland und Europa auf, gegen diese Praxis juristisch und politisch vorzugehen. Alle Parteien im Bundestag lehnten Patente auf Lebensmittel ab, auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Jetzt müssten den Worten Taten folgen, etwa Klagen vor dem Deutschen Patentgericht. Die Europäische Patentrichtlinie aus dem Jahr 1998 müsse überarbeitet werden