"Migrationsbischof" Trelle feiert 70. Geburtstag

Der freundliche Mahner

Seit knapp einem Jahr ist er stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, seit sechseinhalb Jahren leitet er Deutschlands drittgrößtes Flächenbistum: Bischof Norbert Trelle. Am Mittwoch feierte er gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester seinen 70. Geburtstag.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
 (DR)

Trelle, der stets freundlich und zurückhaltend auftritt, hat gesellschaftlich wichtige Themen auf seiner Agenda. Seit 2008 ist er Vorsitzender des einflussreichen Verwaltungsrates des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Als Sprecher der Migrationskommission der Bischofskonferenz erhebt er immer wieder seine Stimme für Flüchtlinge. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli, das die Sätze des Asylbewerberleistungsgesetzes als viel zu gering bewertete, nannte er überfällig. Deutlich wird er auch, wenn es um die Lage von Flüchtlingen an den EU-Grenzen oder nächtliche Abschiebungen geht. Diese erinnerten ihn an "Nacht-und-Nebel-Aktionen autoritärer Unrechtsstaaten", kritisierte er kürzlich.



Das Schicksal von Flüchtlingen berührt den aus Kassel stammenden Trelle schon seit seiner Kindheit: Die Erzählungen seiner Mutter von ihrer Flucht im Januar 1945 hätten sich ihm tief eingeprägt. Heute lebt er mit seiner Zwillingsschwester Gisela im Bischofshaus; die beiden sind die jüngsten von vier Kindern. 1958 zog die Familie durch die Versetzung des Vaters, eines Architekten, nach Bonn. Dort und in Innsbruck studierte Trelle ab 1962 Theologie. Nach der Priesterweihe 1968 war er unter anderem Stadtdechant im vornehmlich evangelischen Wuppertal. 1992 wurde er in Köln zum Weihbischof geweiht. Am 29. November 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum 70. Bischof von Hildesheim.



In seinem Bistum, zu dem rund 620.000 Katholiken zwischen Nordsee und Harz gehören, hat der hochgewachsene Bischof eine Menge zu schultern. Die Diaspora-Diözese hat einen schmerzhaften finanziellen Konsolidierungsprozess durchlaufen. Gemeinden werden fusioniert, 33 Kirchen wurden bisher geschlossen, weitere werden folgen. Jeden Entwidmungsgottesdienst erlebe er "wie ein Begräbnis", so Trelle. Aber es gibt auch Aufbrüche.



Herzlichkeit und Spontaneität

2010 hat das Bistum den Prozess "Lokale Kirchenentwicklung" ins Leben gerufen, um die Pfarreien besser zu profilieren. Als Folge des Missbrauchsskandals wurde ein eigener Dialogprozess auf den Weg gebracht. Mit einem "Jahr des Hinhörens" 2012 will die Kirche neues Vertrauen aufbauen. Auch begeht das Bistum in diesem Jahr das 25-jährige Bestehen seiner Partnerschaft mit der katholischen Kirche Boliviens. Von den Christen dort könne man hierzulande Manches an Herzlichkeit und Spontaneität lernen, meint Trelle in Anspielung auf das Thema des bundesweiten Dialogprozesses, dessen nächste Runde am 14. und 15. September in Hannover und damit auf Hildesheimer Boden stattfindet.



Privat interessiert sich Trelle für Kultur, arbeitet gerne im Garten oder geht in die Berge zum Wandern. Zudem ist er wohl der einzige Bischof in Norddeutschland, der Gästen "eigenen" Wein kredenzen kann: So erhält er alljährlich von Hildesheimer Hobbywinzern sein "Weinzehnt" der Sorte "Hildesheimer St. Magdalenengarten". Diesen "Deal" hatte Trelles Vorgänger, Bischof Josef Homeyer, 1995 im Pachtvertrag über den bischöflichen Magdalenengarten vereinbart.



Zu Trelles Geburtstag wird am Samstag eine Messe in der Basilika St. Godehard gefeiert, bei der der Hamburger Erzbischof Werner Thissen die Predigt hält. Beim anschließenden Empfang hält der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Erzbischof Robert Zollitsch, die Festansprache. Hannovers evangelischer Landesbischof Ralf Meister und Niedersachsens Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) wollen Grußworte sprechen. Anstelle von Geschenken bittet der Bischof um eine Spende zur Sanierung des Hildesheimer Doms, der zur 1.200-Jahr-Feier 2015 in neuem Glanz erstrahlen soll - ein weiterer Fixpunkt auf der Agenda des Norbert Trelle.