Michael Vehlken empfiehlt Geistlichen den Sport zum Stressabbau

Ein Pfarrer taucht regelmäßig ab

Pfarrer Michael Vehlken macht in Gronau seinen Job. Gemeindefusion und neue Pastoralstrukturen bedeuten auch Stress. Nach einem Burn-Out hat der 48-Jährige ein neues Hobby entdeckt: Tauchen ist für ihn mehr als Sport.

Autor/in:
Johannes Schönwälder
Burnout-Gefahr bei Priestern / © Arno Burgi (dpa)
Burnout-Gefahr bei Priestern / © Arno Burgi ( dpa )

Wer in Gronau nach Pfarrer Michael Vehlken und dem Pfarrhaus sucht, muss nicht lange fragen. In der Stadt ganz im Norden von Nordrhein-Westfalen ist der katholische Geistliche ein bekannter Mann. Nicht nur unter den Einheimischen. Auch die meisten Niederländer, die als Besucher oder als Marktbeschicker über die nur wenige Kilometer entfernte Grenze kommen, kennen den 48-Jährigen.

Nach Gronau kam Vehlken vor sieben Jahren. Vom Bistum Münster hatte er die Aufgabe erhalten, in der nicht ganz 50.000 Einwohner zählenden Stadt die damals eigenständigen Gemeinden Sankt Antonius und Sankt Josef zu fusionieren. Heute leitet er das Seelsorgeteam von Sankt Antonius, zu dem ein weiterer aktiver und ein emeritierter Pfarrer, ein Kaplan, vier Pastoralreferentinnen und ein Diakon gehören. Die Gemeinde zählt rund 12.000 Katholiken.

Abgetaucht

Vehlken hat viel erreicht in den Jahren. Die Fusion findet er geglückt. Zusammen mit Gemeindemitgliedern, Gruppen und Verbänden hat er einen Pastoralplan entwickelt. Er engagiert sich in der Ökumene. Und er verspürt einen guten Draht zu den Menschen, speziell auch zur Jugend.

Junge Menschen aus der Gemeinde waren es auch, die Vehlken in Kontakt mit einer ganzen neuen Welt brachten: dem Tauchsport. Vor etwa vier Jahren gab es eine Gruppe junger Erwachsener, die zuvor ein Freiwilliges Soziales Jahr im Bistum absolvierten. Die nahmen ihn zum örtlichen Tauchclub mit, erzählt der Geistliche. Mit einem Schnuppertauchen im Freibad fing es an. Heute taucht Vehlken regelmäßig im nahen Grünen Grenzlandsee ab. Sein erster "Buddy" - im nicht ungefährlichen Tauchsport der Kumpel, auf den man sich voll und ganz verlässt - ist bis heute sein Tauchpartner.

Abtauchen in sich selbst

Schnell sei auch von einer Mutter, deren Tochter bei ihm in der Erstkommunionsvorbereitung war, die Idee für einen Gottesdienst zum Saisonstart aufgekommen. Jedes Frühjahr feiert Vehlken nun mit den Vereinsmitgliedern eine Andacht am See. Für die Predigten wähle er oft Vergleiche zwischen dem Tauchsport und dem Glauben: der Atemregler, der die Luft aus den Sauerstoffflaschen in die Lungen leitet, und der "Atem Gottes", der Leben gibt; der Taucheranzug, der Schutz vor Kälte und Angriffen bietet, und die Taufe, die eine Aufnahme in den Schutz der Glaubensgemeinschaft symbolisiert. "Und immer wieder geht es um Vertrauen", so Vehlken, "Vertrauen in den Tauchpartner und in die Technik und das Vertrauen in Gott".

Für Vehlken ist Tauchen längst mehr als ein Sport. Es ist für ihn zu einer Art Anker im Alltag geworden. Ein Burn-Out vor wenigen Jahren habe ihm klar gemacht, dass er regelmäßigen Abstand zum Stress der Gemeindearbeit brauche. Er nennt es ein "Abtauchen in mich selbst".

Und er kann den Tauchsport allen Pfarrern in ähnlicher Situation nur empfehlen. "Wir sind doch diejenigen, die vor Ort den Strukturwandel der Kirche gestalten müssen", beschreibt Vehlken die Belastungen heutiger Priester. Vom Bistum fühlt er sich dabei oft sehr allein gelassen.

Gronauer unheimlich liebenswert

Die Pfarrer müssten die Folgen von Priestermangel auf der einen und Mitgliederschwund auf der anderen Seite in neue Formen der Seelsorge einpassen. Der Aufbau solch neuer Pastoralstrukturen sei eine riesige Herausforderung. Dabei gelte es, die Bedürfnisse der Gemeinde und die eines jeden einzelnen Gemeindemitglieds nicht aus den Augen zu verlieren.

"Der Menschenschlag ist hier unheimlich liebenswert", sagt Vehlken über die Gronauer. Und er schließt gleich die nicht kleine Zahl an syrisch-orthodoxen Aramäern mit ein, die vor Jahren als Flüchtlinge in den Ort kamen und geblieben sind. Zudem bedauert der Pfarrer den immer noch schlechten Ruf der Stadt. Der rührt vom Wegfall der früher wirtschaftlich bestimmenden Textilindustrie und von einer durch die Grenznähe bedingten hohen Kriminalitätsrate. Bei beiden Problemen sei Gronau auf einem guten Weg, so der Mann, den die Gronauer als starken Pfarrer kennen. "Mein Tauchen ist hier kein Thema."


Quelle:
KNA