Meyer zieht Bilanz als Präsident des Katholikenkomitees und blickt optimistisch in die Zukunft

"Keine Ersatz-Synode"

"Das Vertrauen wächst wieder." Mit diesen Worten beschreibt der scheidende Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Hans Joachim Meyer, das Verhältnis zwischen ZdK und Bischofskonferenz nach dem Brockmann-Eklat. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) verteidigte Meyer am Donnerstag in Bonn zugleich die enge Anbindung des ZdK an die Bischofskonferenz.

 (DR)

KNA: Herr Professor Meyer, ist das Vertrauen zwischen ZdK und Bischofskonferenz nach dem Brockmann-Eklat wieder hergestellt?
Meyer: Das Vertrauen wächst wieder. Klar ist aber geworden, dass es nicht um einen Konflikt zwischen den Bischöfen und dem ZdK ging: Nach meiner Einschätzung wollte eine Minderheit von Bischöfen aus unterschiedlichen Motiven dem ZdK einen Denkzettel verpassen. Das lese ich auch daraus, dass bei der Mehrheit der Bischöfe anschließend eine große Betroffenheit und eine große Bereitschaft herrschte, einen Ausweg zu suchen. Ich bin zuversichtlich, dass wir wieder zu einer belastbaren Vertrauensbasis kommen.

KNA: Muss das Verfahren geändert werden, mit dem die Bischofskonferenz der Wahl eines ZdK-Präsidenten zustimmt?
Meyer: Ich warne davor, am Verfahren etwas zu ändern. Wenn das ZdK Teil der verfassten Kirche ist, dann sind auch solche Abstimmungsverfahren und eine Einbindung in die Strukturen der Bischofskonferenz nötig. Zudem ist es für jeden ZdK-Präsidenten sehr hilfreich, wenn er das Vertrauen der Bischofskonferenz hat. Das kann dann, wie im Frühjahr geschehen, auch mal zu schmerzlichen Erfahrungen führen. Zugleich haben sich aber jene Kreise, die versucht haben, das ZdK zu zerstören, keinen Gefallen getan. Sie haben damit nur ihre Randposition demonstriert.

KNA: Kardinal Lehmann hat den Konflikt auch darauf zurückgeführt, dass manche, gerade jüngere Bischöfe, mit dem ZdK nicht mehr viel anfangen können...
Meyer: Wir nehmen diesen Hinweis sehr ernst und werden uns darum bemühen, die Kontakte zu den Bischöfen zu verbessern. Aber ich glaube nicht, dass das ein Generationenproblem ist. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann beispielsweise ist mit 46 Jahren einer der jüngsten - und wir arbeiten mit ihm unter anderem bei Justitia et Pax sehr gut zusammen.

KNA: Ist dem ZdK mit dem Forum der Deutschen Katholiken eine ernsthafte Konkurrenz erwachsen? An deren Kongress «Freude am Glauben» nehmen zahlreiche Bischöfe teil...
Meyer: Es gibt den ein oder anderen Bischof, der das Gefühl hat, dass sich dort die Katholiken treffen, die der Kirche die richtige Wertschätzung erweisen. Andererseits haben wir bislang bei jedem Katholikentag die breite Unterstützung der Bischöfe erfahren. Ich glaube nicht, dass es eine solche Konkurrenz gibt.

KNA: Manche Beobachter haben den Brockmann-Eklat auch darauf zurückgeführt, dass sich das ZdK zu sehr in theologische Fragen eingemischt hat. Was wird nun aus der von Ihnen geforderten Mitsprache bei der Reformen in den Bistümern oder bei den Kirchenfinanzen?
Meyer: Ich habe immer gesagt, dass das ZdK in erster Linie einen gesellschaftspolitischen Auftrag hat. Es soll die Positionen der Katholiken zu gesellschaftlichen Fragen wie der Familien- der Bildungs- und der Sozialpolitik entwickeln und zusammenführen helfen. Andererseits halten wir durchaus daran fest, uns auch zum Innenleben der katholischen Kirche zu äußern. Klar ist allerdings, dass dort die Bischöfe die Entscheidungen treffen. Ich bin zwar ein großer Anhänger des synodalen Gedankens und bedauere sehr, dass die synodalen Strukturen in der katholischen Kirche nicht wiederbelebt worden sind. Aber das ZdK ist keine Ersatzsynode.

KNA: Beobachter glauben, dass das ZdK und auch die katholischen Verbände erheblich an gesellschaftlichem Einfluss eingebüßt haben. Was ist zu tun?
Meyer: Das ZdK muss wie alle großen Verbände, Parteien und Vereinigungen mit einem starken gesellschaftlichen Trend zur Individualisierung leben. Andererseits beklagen oft die gleichen Leute, die sich aus solchen Bindungen lösen, dass die Gesellschaft an Zusammenhalt verliert. Ich glaube, dass es weiter von großer Bedeutung ist, wenn das ZdK Positionen zu gesellschaftlichen Fragen entwickelt. Wir haben uns etwa kritisch mit Neoliberalismus und Fixierung auf den Markt auseinandergesetzt, als das noch kaum jemand öffentlich zur Kenntnis nehmen wollte. Inzwischen sind Wertefragen oder Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit in aller Munde. Ich glaube, dass wir mit unserer Arbeit durchaus eine größere Wirkung auf Politik und Gesellschaft habe, als das öffentlich wahrgenommen wird.

KNA: Konservative Katholiken werfen dem ZdK eine zu große Nähe zur Politik und zum Staat vor ...
Meyer: Was bedeutet denn «zu staatsnah» in einer Demokratie? Im 19. Jahrhundert haben sich die Katholiken als Gegenpol zum preußischen Staat begriffen. Wer sich heute von dieser Gesellschaft abkoppeln will, läuft schnell Gefahr, zur Sekte zu werden. Und was die Beteiligung von Politikern im ZdK angeht: Wir brauchen ihre Erfahrung und ihr Wissen, damit wir uns kompetent äußern können. Diese in manchen Kreisen verbreitete Diskreditierung von Politik und Politikern ist das Schlimmste, was uns in einer Demokratie passieren kann.

KNA: Ein schwieriges Thema für die katholischen Laien war in Ihrer Amtszeit die Gründung von Donum Vitae. Soll das ZdK die Organisation weiter unterstützen?
Meyer: Mit der Gründung von Donum Vitae haben katholische Christen im eigenen Namen, nach eigenem Gewissen und als Staatsbürger gehandelt, um die Situation von Frauen in Schwangerschaftskonflikten zu verbessern. Und das mit viel Erfolg. Donum Vitae tut nichts anderes als das, was die katholische Kirche in Deutschland über Jahre hinweg praktiziert hat. Da Donum Vitae nicht im Namen der katholischen Kirche handelt, hat der Verein zugleich eine friedensstiftende Funktion. Die Bischöfe werden nicht belastet.

KNA: Dürfen katholische Laien in herausgehobenen Ämtern Donum Vitae weiter offen unterstützen?
Meyer: Es ist aus Sicht der Bischöfe hilfreich, wenn sich die Spannung zwischen der offiziellen kirchlichen Position und dem Auftrag von Donum Vitae nicht in ein und derselben Person entlädt. Wir werden dies ausreichend bedenken.

Das Interview führte Christoph Arens.