Merkel weiht Mahnmal für verfolgte Sinti und Roma ein

Stein mit Wildblume

Berlin erhält ein weiteres Mahnmal. Zwischen Reichstag und Brandenburger Tor wird dann das Denkmal für die von Nationalsozialisten ermordeten Sinti und Roma eingeweiht. Ein Termin mit aktueller Brisanz: Seit Monaten kritisieren Organisationen eine Diskriminierung von Roma auf dem Balkan.

Autor/in:
Birgit Wilke
 (DR)

Zur feierlichen Übergabe durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch (24.10.2012) werden auch der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) und der ausführende Künstler Dani Karavan erwartet. Damit geht zugleich eine sich über 20 Jahre hinziehende Debatte über Bedeutung und Form eines Mahnmals für diese Opfergruppe zu Ende. Nach Schätzungen wurden bis zu 500.000 Sinti und Roma von den Nationalsozialisten ermordet.



Nach den Denkmalen für die Juden und die Homosexuellen ist es das dritte Mahnmal im Berliner Zentrum für eine Minderheit, die von den Nationalsozialisten systematisch verfolgt wurde. Den Beschluss dazu hatte der Bundestag bereits 1992 gefasst. Ein Künstlerwettbewerb ging zugunsten Karavans aus. Nach dem Entwurf des 81-Jährigen, der in Tel Aviv geboren wurde, bildet ein schwarzer Stein den Mittelpunkt des Denkmals. Er ist versenkbar und inmitten eines runden Wasserbeckens mit einem Durchmesser von rund zwölf Metern platziert. Auf diesem Stein soll nach dem Willen Karavans stets eine frische Wildblume liegen. Auch im Winter soll sie täglich erneut werden.



Umstrittener Widmungstext

Immer wieder wurde der Baubeginn verschoben, weil es Streit über den zunächst geplanten Widmungstext gab. Der Zentralrat der Sinti und Roma hatte gegen eine vom Bundestag befürwortete Formulierung Einspruch erhoben, weil sie das Wort "Zigeuner" enthielt. Andere Opferverbände wie die Sinti Allianz begrüßten sie dagegen. Schließlich kam es 2006 zu einer Einigung. Anstelle einer Widmung steht nun eine "Chronologie des Völkermords an Sinti und Roma". Damit solle "den Anliegen der Opferverbände in größtmöglicher Weise Rechnung getragen werden", betonte Kulturstaatsminister Neumann damals.



Offizieller Baustart war vor vier Jahren. Das Land Berlin stellte das Grundstück zur Verfügung, der Bund übernahm die Kosten von 2,8 Millionen Euro. Nach Unstimmigkeiten Karavans mit der Berliner Bauverwaltung wurde der Bund auch Bauherr des Projekts. Betreut wird es nun - wie die anderen Mahnmale - durch die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas.



Aktuelle Brisanz

Deutlicher als so mancher Beobachter glaubte, erhielt das Denkmal auch aktuelle Brisanz: Flüchtlingsorganisationen kritisieren seit Monaten eine massive Diskriminierung von Roma auf dem Balkan. Sie warnen auch vor "rassistischer Hetze" gegen die Minderheit in Deutschland. Zudem wenden sie sich dagegen, dass Politiker wiederholt darauf drängen, erneut eine Visumpflicht für serbische und mazedonische Staatsbürger einzuführen. Damit solle der "massive Zustrom" aus den Ländern gestoppt werden.



Auch mit Blick darauf äußert der Zentralrats-Vorsitzende Romani Rose die Hoffnung, "dass dieses Denkmal seine symbolische Wirkung über die Grenzen Deutschlands hinaus entfalten wird". Es sei empörend, dass der Alltag vieler Sinti und Roma fast 70 Jahre nach dem Holocaust von Ausgrenzung und vielfach von Gewalt geprägt sei. Rose ruft zum Widerstand dagegen auf, dass außer Juden immer wieder auch Sinti und Roma als Sündenböcke für ökonomische und gesellschaftliche Verwerfungen herhalten müssten.