Vergangene Woche hatte Merkel verkündet, dass die erst im November beschlossene Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen Reaktoren für drei Monate ausgesetzt werden soll, um die Sicherheit zu überprüfen. Die sieben ältesten Meiler sollen in dieser Zeit abgeschaltet werden. Bereits vergangene Woche hatte die CDU-Chefin auch die Regierungschefs der betroffenen Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg und Bayern empfangen, die alle der Union angehören. Der Kreis traf sich am Dienstag erneut. Teilnehmer waren auch Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP).
Es geht unter anderem darum, nach welchen Kriterien die Meiler während des Moratoriums getestet werden sollen. Die Sicherheitsstandards sind entscheidend dafür, ob und wie die Reaktoren weiter betrieben werden können. Vergangene Woche hatten Experten des Umweltministeriums so scharfe Vorgaben vorgeschlagen, dass Kernkraft in Deutschland womöglich unrentabel geworden wäre. Damit hatten sie sich aber zunächst nicht durchgesetzt.
Gröhe erwartet Stilllegung
Vor den wichtigen Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am kommenden Sonntag hält sich die Regierung auch sehr bedeckt, wie es mit der Atomkraft weitergehen soll. Zwar sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe im SWR: "Ich bin sicher, dass die Mehrheit der jetzt vom Netz gehenden alten Meiler dauerhaft vom Netz gehen." Zudem rechne er mit "einem beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie".
In der Union regt sich aber auch heftiger Widerstand gegen diese Linie. So sagte der Präsident des CDU-Wirtschaftsrats, Kurt Lauk, der "Frankfurter Rundschau", ohne Kernkraft könnten Deutschland und Europa die Klimaschutzziele nicht erreichen. Lauk mahnte zudem, beim Thema Atom das Augenmaß nicht zu verlieren. "Die Japaner reagieren auf die Katastrophe in ihrem Land weitaus weniger hysterisch als wir Deutsche", sagte er.
Die neue Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, bekannte sich in der "Welt" zu den im Herbst beschlossenen Laufzeitverlängerungen. "Unser Energiekonzept gilt", sagte Hasselfeldt. Sie fügte jedoch an, dass nach Ablauf des dreimonatigen Moratoriums auf Grundlage der Prüfergebnisse neu entschieden werde.
SPD macht Druck
Der CDU-Politiker und ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer sprach sich für die dauerhafte Stilllegung der sieben älteren deutschen Atomkraftwerke aus. "Es ist mehr als sinnvoll, in diese Richtung zu gehen, zumal der Schritt möglich ist, ohne unsere Stromversorgung zu gefährden", sagte Töpfer der "Frankfurter Rundschau".
Darauf dringt auch die SPD. Die ältesten Meiler müssten nicht nur für drei Monate, sondern endgültig stillgelegt werden, forderte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann im ZDF. Notwendig sei zudem ein "kraftvoller Einstieg in die erneuerbaren Energien", auch wenn dies teurer werde als heute.
Streit über Zahlungen der Betreiber
Streit ist inzwischen absehbar zwischen der Regierung und den Betreibern über die vereinbarten Zahlungen in einen Fonds zur Förderung von Ökostrom. Hatte das Finanzministerium noch am Montag erklärt, man erwarte eine Fortsetzung der Zahlungen auch für stillgelegte Meiler, meldete der E.ON-Konzern offen Widerspruch an. "Darüber müssen wir mit der Bundesregierung sprechen", sagte Konzernchef Johannes Teyssen der "Rheinischen Post". "Es ergibt in meinen Augen keinen Sinn, nur einen Teil des Paktes aufzuschnüren."
In diesem Jahr sollen die vier Atomkonzerne im Gegenzug zur Laufzeitverlängerung 300 Millionen Euro in diesen Fonds zum Ausbau erneuerbarer Energien zahlen.
Merkel empfängt Ministerpräsidenten
Gipfel zur Zukunft der Atomkraft
Auf einem weiteren Atomgipfel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag mit den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder die Zukunft der deutschen Kernkraftwerke beraten. Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die Sicherheitsstandards, nach denen die 17 Reaktoren während des dreimonatigen Atom-Moratoriums geprüft werden sollen.
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