Menschenrechtsaktivisten kritisieren Diskriminierung in Europa

"Recht auf Kriegsdienstverweigerung umsetzen"

Der Vorsitzende des Europäischen Büros für Kriegsdienstverweigerung (EBCO) in Brüssel, Friedhelm Schneider, fordert die Staaten in Europa zur Umsetzung des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung auf. Es sei skandalös, dass Mitgliedsstaaten des Europarats dieses Menschenrecht völkerrechtswidrig und dauerhaft verletzten, ohne Sanktionen befürchten zu müssen.

Autor/in:
Alexander Lang
Wenn der Einsatz krank macht: Wieder mehr psychisch kranke Soldaten in ärztlicher Behandlung / © Maurizio Gambarini (dpa)
Wenn der Einsatz krank macht: Wieder mehr psychisch kranke Soldaten in ärztlicher Behandlung / © Maurizio Gambarini ( dpa )

Die Glaubwürdigkeit der internationalen Menschenrechtsinstitutionen werde massiv beschädigt, wenn ihre Entschließungen und Urteile nicht umgesetzt würden, betonte Schneider, der die in Bonn sitzende Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden (EAK) in der Menschenrechtsorganisation vertritt. Im Jahr 2016 sei die Menschenrechtssituation von Kriegsdienstverweigerern in Europa insgesamt "durch Stagnation statt Fortschritt" gekennzeichnet gewesen, auch bestehe die Gefahr, dass sie sich rückwärts entwickele.

Als Negativbeispiele nannte er die besonders kritische Lage in der Türkei und in Griechenland. Die türkische Regierung missachte seit mehr als zehn Jahren ein wegweisendes Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs. Dieses hatte 2006 das Land dazu verpflichtet, das Recht, den Dienst an der Waffe aus Gewissensgründen zu verweigern, gesetzlich zu regeln.

Verstöße in unterschiedlichen Ländern

Mit Blick auf das EU-Land Griechenland hätten drei internationale Menschenrechtsinstitutionen auf schwerwiegende Verletzungen dieses Grundrechts hingewiesen. Die Regierung in Athen bleibe trotz Abmahnungen durch den UN-Menschenrechtsrat, den UN-Menschenrechtsausschuss und den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof untätig.

Bedenklich sei zudem die unberechenbare Situation für Kriegsdienstverweigerer im Asylverfahren, sagte Schneider. Vor Verfolgung geflohene Kriegsdienstverweigerer würden anerkannt oder abgelehnt, je nachdem, in welchem europäischen Staat sie ihren Asylantrag eingereicht hätten.

Auch Deutschland in der Kritik

Der frühere pfälzische Friedenspfarrer erklärte mit Blick auf Deutschland, dass seit Ende der Wehrpflicht im Jahr 2011 bis Mitte 2016 rund 1.600 Berufssoldaten ihren Waffendienst verweigert hätten. Zudem kritisierte er, dass im Zusammenhang mit zunehmenden weltweiten Bundeswehreinsätzen auch vermehrt unter 18-Jährige mit elterlicher Zustimmung für den Soldatenberuf rekrutiert würden.

Zum EBCO gehören mehr als 20 Friedensinitiativen aus ganz Europa, darunter aus Deutschland neben der EAK auch die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner. In der EAK sind Menschen, Initiativen und Verbände aus den evangelischen Landeskirchen und Freikirchen zusammengeschlossen, die sich für Kriegsdienstverweigerung und Friedensarbeit einsetzen.


Quelle:
epd