Menschenrechtler fordern Schutz für unschuldige Guantánamo-Häftlinge

Guantánamo-Häftlinge suchen Asyl

Fünf Menschenrechtsorganisationen haben am Montag die Regierungen Europas aufgerufen, Guantánamo-Häftlingen die Entlassung in die Freiheit zu ermöglichen. Rund 50 Häftlinge im US-Gefangenenlager Guantánamo würden von der US-Regierung nicht angeklagt, könnten aber auch nicht in ihr Heimatland zurückkehren, weil ihnen dort Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohten. Die europäischen Staaten müssen diese Häftlinge aufnehmen fordert Julia Duchrow von Amnesty im domradio Interview.

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epo
 (DR)

Die Gefangenen stammen laut Amnesty International (ai) aus China, Libyen, Russland, Tunesien, Usbekistan und anderen Ländern. Europäische Staaten sollten diese Männer aufnehmen und ihnen angemessene Unterstützung zuteil werden lassen, forderten Amnesty, Human Rights Watch, das Center for Constitutional Rights (CCR), die International Federation for Human Rights und Reprieve in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Mindestens 22 Häftlingen wurde ihre Unschuld von den US-Behörden schriftlich bestätigt. "Einigen wurde schon vor Jahren mitgeteilt, dass sie frei sind. Aber die wissen einfach nicht, wohin sie gehen sollen", erzählt CCR-Anwältin Emilou MacLean. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, für die unschuldig gefangenen und misshandelten Männer eine neue Heimat zu finden. Sie sagt: "Solange diese Flüchtlings-Frage nicht geklärt ist, kann Guantanamo nicht geschlossen werden."

Europa ist mitverantwortlich
Joanne Mariner, Terrorismus-Expertin bei Human Rights Watch in New York, forderte die europäischen Regierungen auf, ihrer Guantanamo-kritischen Rhetorik endlich Taten folgen zu lassen.
Zurzeit befänden sich noch 255 Gefangene in dem Gefängnis. Daniel Gorevan von Amnesty International erinnerte an die Unterstützung, die zahlreiche europäische Regierungen der US-Regierung bei der Überstellung von vermeintlichen Terroristen nach Guantanamo geleistet haben. «Die europäischen Regierungen sind mitverantwortlich für Guantanamo.»

Cori Crider, Anwältin der britischen Gefangenenhilfsorganisation Reprieve, berichtete von einem Mandanten, der nach seiner Rückkehr aus Guantanamo nach Tunesien schwerer Folter und einem unfairen Gerichtsverfahren ausgesetzt war. Zudem verwiesen die Hilfsorganisationen auf aktuelle Fälle aus Libyen, Algerien, Russland, China und Usbekistan.

Indem Europa diesen Menschen Schutz gewähre, könne dem designierten US-Präsidenten eine «kraftvolle Botschaft» gesandt werden, betonte Crider, die nach eigenen Angaben 35 Guantanamo-Häftlinge vertritt. Barack Obama hat bereits angekündigt, das US-Gefangenenlager Guantanamo zu schließen. In dem vor knapp sieben Jahren im Rahmen der US-Anti-Terror-Strategie gegründeten Gefängnis für sogenannte feindliche Kämpfer waren bis zu 775 Häftlinge inhaftiert.

Deutschland hat noch keine Häftlinge aus anderen Staaten aufgenommen
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, erklärte am Montag in Berlin, seine Fraktion unterstütze den Appell. „Wir fordern schon lange, dass auch die europäischen Staaten und die Bundesregierung ihrer Forderung nach einer Schließung von Guantánamo dadurch Nachdruck verleihen, dass die dort unschuldig einsitzenden Gefangenen, wie zum Beispiel Uiguren, nach ihrer Freilassung auch in Europa und in Deutschland aufgenommen werden."

Die US-Regierung habe die Verzögerung der Freilassung der Gefangenen bisher damit gerechtfertigt, dass sich kein Land bereit erklärt habe, diese Personen aufzunehmen, so Beck. „Die Bundesregierung und andere europäische Regierung müssen nun handeln und dem neuen amerikanischen Präsidenten deutlich machen, dass sie es mit der Forderung nach der Schließung des Lagers ernst meinen."