Menschen trauern bei Gottesdienst im Stephansdom um die Opfer in Graz

"Der Glaube an Gott eröffnet den Ausweg"

Mit einem interreligiösen Gottesdienst haben Vertreter aus Kirche und Gesellschaft im Wiener Stephansdom an die Opfer des Grazer Amoklaufs gedacht. Die Tat habe das Land bis ins Mark getroffen, sagt der Journalist Klaus Prömpers.

Der Administrator der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, bei einem Trauer-und Gedenkgottesdiensts im Wiener Stephansdom / © Georg Hochmuth (dpa)
Der Administrator der Erzdiözese Wien, Josef Grünwidl, bei einem Trauer-und Gedenkgottesdiensts im Wiener Stephansdom / © Georg Hochmuth ( dpa )

DOMRADIO.DE: Sie waren gestern auch im Wiener Stephansdom bei dem interkonfessionellen Gottesdienst. Welche Worte haben die Kirchenleute für den Amoklauf mit elf Toten gefunden?

Klaus Prömpers (DR)
Klaus Prömpers / ( DR )

Klaus Prömpers (Journalist): Sie haben Worte der Trauer gefunden, aber teilweise auch Versuche der Ermunterung unternommen. Der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, Salzburgs Erzbischof Franz Lackner, versuchte zu trösten, indem er jene ansprach, die Kinder und Ehepartner verloren hatten. Einer trage des anderen Last. Das Zusammenstehen der letzten drei Tage nach dem Anschlag wurde erneut von ihm beschworen. 

Der islamische Imam von Wien zitierte eine Sure aus dem Koran, die das ähnlich ausdrückte. Ich zitiere in der Übersetzung: "Wir werden euch prüfen mittels Gefahr und Hunger und Verlust von weltlichen Gütern und Leben und Früchten eurer Arbeit."

Der Wiener Administrator der Diözese versuchte mit den Worten zu trösten: "Der Glaube an Gott eröffnet den Ausweg. Nun müssen wir weiter nach vorne schauen, aufeinander schauen und auch weiter zusammenstehen". 

An Symbolik gewann das Ganze ein bisschen dadurch, dass im Chorraum vor dem Altar Schulstühle standen, auf denen zehn Kerzen plus eine für den Attentäter aufgestellt worden waren. Die allererste Kerze zündete der Bundespräsident Van der Bellen an und viele andere wurden dann von anderen kirchlichen Würdenträgern angezündet.

Klaus Prömpers

"Man hat Angst, dass wieder etwas passiert und das kann man natürlich nicht endgültig verhindern".

DOMRADIO.DE: Wie war die Atmosphäre allgemein im Stephansdom?

Prömpers: Es gab keinerlei politische Reden. Es gab nur die Beiträge der verschiedenen Weltreligionen, die dort gemeinsam aufgetreten waren. Es war eine sehr ruhige und bedenkende Atmosphäre und auch eine Atmosphäre, die klarmachte, dass die Trauer nach drei Tagen Staatstrauer bei keinem Österreicher vorbei ist. 

Es war auch sehr bedeutsam festzustellen, dass vor dem Stephansdom erhebliche Polizeikräfte zusammengezogen waren, weil man jegliche Zwischenfälle unterbinden will. Man hat Angst, dass wieder etwas passiert. Aber das kann man natürlich nicht endgültig verhindern.

Klaus Prömpers

"Der Anschlag hat viele Menschen bis ins Mark erschüttert".

DOMRADIO.DE: Wie sehr hat Österreich dieser Amoklauf getroffen?

Prömpers: Es ging eine Welle der Solidarität durch ganz Österreich. Auf Autobahnschildern, wo sonst "Rettungsgasse freihalten" steht, war in den letzten Tagen zu lesen: "Graz, wir trauern mit euch." In allen möglichen Publikationen, auf allen möglichen Messenger-Kanälen gab es Beileidsbekundungen, nach Fußballspielen wurden Transparente hochgehalten, auch bei internationalen Begegnungen wie in Monaco.

Der Anschlag hat viele Menschen bis ins Mark erschüttert. Es gibt zehn Tote und einen toten Attentäter. Neun der zehn Todesopfer waren Jugendliche. So etwas hat es in Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht gegeben.

Klaus Prömpers

"Tröstlich bei der ganzen Geschichte ist, dass die elf Schwerverletzten, die im Krankenhaus in Graz liegen, nun mittlerweile alle außer Lebensgefahr sind und man hofft, dass sie keine allzu schweren Schäden davon tragen".

DOMRADIO.DE: Es wird dauern, bis Normalität eintritt. Wie kann und wird die Kirche weiterhelfen, dass dieses schreckliche Ereignis verarbeitet werden kann?

Prömpers: Im Gottesdienst wurde das dadurch deutlich, dass auch zwei Notfallseelsorger Fürbitten vorgetragen haben. Die Kirche hatte in den vergangenen Tagen auch an verschiedenen Stellen Gottesdienste abgehalten. Heute Abend wird in Graz auch wieder ein Gottesdienst in der Vinzenzkirche stattfinden. Die Kirche wird ihre Geistlichen, ihre Notfall-Seelsorger, ihre Sozialpädagogen, ihre anderen Mitarbeiter, die sich damit befassen können und die eine gewisse Vorbildung haben, weiter zur Verfügung stellen. 

Sie werden darauf hinzuwirken versuchen, dass es neben der Stockstarre allmählich wieder etwas Aufatmen gibt. Man versucht über diese Katastrophe hinwegzukommen, obwohl der Tod dieser zehn jungen Menschen in dieser Schule in Graz natürlich nicht vergessen werden wird und nicht zu vergessen ist. Die, die es miterlebt haben, werden es erst recht nicht vergessen.

Tröstlich bei der ganzen Geschichte ist, dass die elf Schwerverletzten, die im Krankenhaus in Graz liegen, nun mittlerweile alle außer Lebensgefahr sind und man hofft, dass sie keine allzu schweren Schäden davon tragen. Traumata sind dennoch zu erwarten.

Das Interview führte Carsten Döpp. 

Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!