Werden gentechnisch veränderte Getreidesorten halten, was mancher sich erhofft? Dass Pflanzen durch Genmanipulation widerstandsfähiger werden könnten gegen Hitze, Trockenheit oder versalzene Böden, wurde lange angekündigt. Aber gerade diese Eigenschaften, die Bauern in armen Ländern Vorteile bringen sollen, lassen bei den Forschungen auf sich warten.
Selbst Vertreter der Industrie hegen daher Zweifel, dass durch Genveränderung der Hunger in der Welt überwunden werden kann. Der Geschäftsführer der vom Novartis Konzern finanzierten "Stiftung für nachhaltige Entwicklung", Klaus Leisinger, konstatiert, "unterm Strich kann die Gentechnik hier nichts anderes liefern als die konventionelle Züchtung".
Auch der Geschäftsführer von BASF Plant Science, Hans Kast, stimmt dem zu: "Natürlich wird sich das Welthungerproblem nicht mit der Gentechnik lösen lassen." Und Michael Mack, Vorstandsvorsitzender des Agrotech-Riesen Syngenta, warnt, dass die Gentechnik-Unternehmen die aktuelle Krise nicht missbrauchen sollte, ihre Ziele durchzusetzen.
Die mehr als 400 Wissenschaftler, die auf UN-Initiative im Weltagrarrat mitarbeiten, sind überzeugt, dass nur durch eine radikale Umstellung der globalen Agrarproduktion die Ernährungskrise zu bewältigen sei. Sie kommen zu dem Schluss: "Gentechnisch veränderte Nahrungspflanzen haben an einigen Standorten mehr, an anderen weniger Ertrag gebracht."
"Patente treiben die Kosten in die Höhe"
In ihrem Weltagrarbericht bemängeln die Forscher, dass eine langfristige Technik-Folge-Abschätzung des Gentechnik-Einsatzes fehlt. Der Bericht wurde Mitte April von der UN-Kulturorganisation (UNESCO) in Paris vorgelegt und stellt den aktuellen internationalen wissenschaftlichen Konsens zu Agrarfragen dar.
Der intensive industrielle Anbau in Monokulturen und mit gentechnisch veränderten Pflanzen habe zwar die Erträge in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gesteigert, schreiben die Experten. Aber der von der Industrie geforderte Patentschutz für genmanipulierte Nutzpflanzen und -tiere schade gerade den Kleinbauern. "Patente treiben die Kosten in die Höhe, verhindern unabhängige Forschung und unterlaufen lokale Systeme des Anbaus und der Aufbewahrung von Saatgut." Diese spielten aber gerade in den Entwicklungsländern eine zentrale Rolle.
Hans R. Herren, Co-Vorsitzender des Weltagrarrats, hält das Fehlen organischen Düngers, die schwindende Bodenfruchtbarkeit, die Wasserknappheit und den schlechten Marktzugang für die zentralen Probleme der afrikanischen Bauern. Im Agrarbericht wird dafür plädiert, Kleinbauern künftig stärker zu fördern. Es wird eine Rückbesinnung auf traditionelle Anbauweisen gefordert, die in den vergangenen Jahrzehnten verdrängt wurden.
Widerstand gegen diese Schlussfolgerungen kommt besonders aus den USA und China. Beide Staaten haben das Dokument nicht unterzeichnet.
Vertreter der Industrie waren an den drei Jahre dauernden Beratungen zwar beteiligt, stiegen aber aus Protest gegen die Kritik an der Biotechnologie aus. Die Bundesrepublik ist in das 2002 auf dem UN-Entwicklungsgipfel in Johannesburg eingesetzte und von der Europäischen Union geförderte Gremium nicht eingebunden.
Mehr Gentechnik wird den Hunger in der Welt nicht besiegen können
Wunder sind nicht zu erwarten
Die weltweite Ernährungskrise hat Rufe nach einem stärkeren Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft laut werden lassen. In Deutschland sprach sich etwa der Unions-Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, dafür aus, "die Gentechnik zu nutzen, um das Angebot der Nahrungsmittel zu erweitern". Und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hält mit Hilfe der neuesten Forschungen eine "grüne Revolution" auch in Afrika für möglich.
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