Helfer und Bischöfe fordern Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik

Mehr Flüchtlinge als je zuvor

Zum Weltflüchtlingstag an diesem Samstag fordern Helfer und Kirchenvertreter eine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik. Mehr als ein Prozent der Weltbevölkerung sind laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR auf der Flucht.

Autor/in:
Leticia Witte und Joachim Heinz
Migranten in Griechenland / © Aggelos Barai (dpa)
Migranten in Griechenland / © Aggelos Barai ( dpa )

"Das Jahr 2020 muss zu neuen Antworten auf die Not der Flüchtlinge führen", mahnte Caritas Internationalis, der Dachverband von 165 nationalen Verbänden, die in der Not- und Entwicklungshilfe sowie in Sozialdiensten tätig sind. Genauso wie die Corona-Krise erfordere die Flüchtlingsproblematik globale Solidarität, betonte Generalsekretär Aloysius John. Nur dann sei es möglich, Fluchtursachen effektiv zu bekämpfen und ein Wirtschaftssystem mit gleichen Chancen für alle zu schaffen.

Weltweit gibt es mehr Flüchtlinge als je zuvor. Rund 79,5 Millionen Menschen waren 2019 auf der Flucht, mehr als ein Prozent der Weltbevölkerung, wie aus dem jüngsten Jahresbericht des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR hervorgeht.

Forderung zur Neuausrichtung

Der Weltkirche-Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Ludwig Schick, rief die reichen Staaten dazu auf, ihren Beitrag zu leisten, damit in den Entwicklungsländern ein menschenwürdiges Leben in Sicherheit und Freiheit möglich werde. Ein Bruchteil der Summen, die jetzt für die Rettung von Fluggesellschaften und anderen Unternehmen bereitgestellt würden, könne den Flüchtlingen und ihren Herkunftsländern helfen, so der Bamberger Erzbischof.

Caritas-Präsident Peter Neher forderte im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die EU-Länder auf, das gemeinsame EU-Asylsystem neu auszurichten: "Dabei sollte die Solidarität im Vordergrund stehen" und nicht "Abschreckung, Ausgrenzung und Inhaftierung von Schutzsuchenden".

Auf die Lage von Mädchen und Jungen auf der Flucht machte das Kindermissionswerk "Die Sternsinger" aufmerksam. Die Organisation terre des hommes kritisierte menschenunwürdige Zustände in sogenannten Ankerzentren in Deutschland. Dort sollen Flüchtlinge unterkommen, bis sie in Kommunen verteilt oder aber wieder in ihr Herkunftsland abgeschoben werden. Diese Zentren ignorierten die Bedürfnisse von Mädchen und Jungen und schadeten ihrer Integration.

Kardinal Woelki ruft zur Aufnahme von Flüchtlingen auf

Integrationsstaatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU) mahnte zu einer raschen Wiederaufnahme von Familienzusammenführungen und Resettlement-Porgrammen. "Viele Menschen warten händeringend auf Unterstützung, auch im Erst-Zufluchtsstaat, etwa im Libanon oder in Jordanien. Es sind alleinstehende Frauen, Eltern mit kleinen Kindern oder Flüchtlinge mit schwersten Erkrankungen." Sie könnten mit dem Programm "Neustart im Team" im Rahmen des Resettlements legal und sicher nach Deutschland kommen.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki rief zu einer großzügigen Aufnahme von in Griechenland gestrandeten Flüchtlingen auf. Dort hausten Menschen seit Monaten "in erbärmlichen Lagern". Laut Bundesinnenministerium erklärten sich unterdessen auch Finnland, Portugal, Irland und Frankreich bereit, Minderjährige aus diesen Lagern einreisen zu lassen. Damit beteiligen sich nun zwölf europäische Staaten an der von der EU in Aussicht gestellten Aufnahme von insgesamt 1.600 Flüchtlingskindern.

Die Bundesregierung hatte in der vergangenen Woche zugesagt, 243 kranke Kinder mit ihren Familien Ende in den kommenden Wochen nach Deutschland zu holen. Mitte April waren 47 Kinder und Jugendliche von den griechischen Inseln nach Deutschland gekommen.


Erzbischof Ludwig Schick / © Harald Oppitz (KNA)
Erzbischof Ludwig Schick / © Harald Oppitz ( KNA )

Caritas-Präsident Peter Neher / © Markus Nowak (KNA)
Caritas-Präsident Peter Neher / © Markus Nowak ( KNA )

Annette Widmann-Mauz / © Uwe Zucchi (dpa)
Annette Widmann-Mauz / © Uwe Zucchi ( dpa )

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Oliver Berg ( dpa )
Quelle:
KNA
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