Marx stellt "Päpstliches Geheimnis" bei Missbrauch infrage

 (DR)

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Anwendung des "Päpstlichen Geheimnisses" bei kirchlichen Prozessen gegen Missbrauchstäter infrage gestellt. Beim internationalen Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan sagte Marx am Samstag, er sehe keine "zwingenden Gründe", warum diese Geheimhaltungsnormen bei der Verfolgung von Missbrauchs-Straftaten Anwendung finden sollten. Deshalb sei der Hinweis auf das Päpstliche Geheimnis kein überzeugender Einwand gegen die Forderung nach Transparenz und Nachvollziehbarkeit in Missbrauchs-Prozessen, so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz.

Auch der juristische Grundsatz der Unschuldsvermutung für die Beschuldigten widerspreche nicht der Forderung nach Transparenz. Im Gegenteil sei ein transparentes, öffentliches und klar geregeltes Verfahren der "beste Sicherungsmechanismus gegen Vorurteile oder falsche Beurteilungen eines Falls". Dadurch werde "ein Grad an Glaubwürdigkeit geschaffen, der die Wiederherstellung des Rufs einer zu Unrecht beschuldigten Person ermöglicht", so der Kardinal.

Marx betonte weiter: "Nicht Transparenz fügt der Kirche Schaden zu, sondern begangene Missbrauchstaten, mangelnde Transparenz und Vertuschung in deren Folge."

Als "Päpstliches Geheimnis" werden strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche bezeichnet. Ihre Verletzung steht unter Strafe. Der Geltungsbereich wurde 1974 neu geregelt.

Heute werden vom "Päpstlichen Geheimnis" vor allem Vorgänge bezüglich der Ernennung neuer Bischöfe sowie die juristischen Verfahren nach Anzeigen des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen geschützt. Auch die geltende Norm aus dem Jahr 2001 mit dem Titel "Sacramentorum sanctitatis tutela" stellt Missbrauchsverfahren in Artikel 30 unter "Päpstliches Geheimnis". Kritiker des kirchlichen Umgangs mit Missbrauchsfällen hatten wiederholt das Päpstliche Geheimnis als eine Ursache für Vertuschung in Missbrauchsfällen bezeichnet. (KNA / 23.2.19)