Marx: Kirchen nicht auf kulturpolitische Größen reduzieren

Viel mehr als "Funktionsträger"

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat vor einer Reduzierung der Kirchen auf kulturpolitische Größen gewarnt. Dem stünden sowohl das Selbstverständnis der Religionsgemeinschaften als auch die Rechtswirklichkeit des Staates gegenüber, mahnt Marx in einer jetzt vorgelegten Publikation der Deutschen Kommission "Justitia et Pax" (Gerechtigkeit und Frieden).

 (DR)

Das gegenwärtige Interesse am Umgang mit den Religionen in der Gesellschaft zeige, dass der Religionsfreiheit steigende Bedeutung zukomme. Sie gründe wie alle Menschenrechte im Respekt vor der Menschenwürde.

Wenn Kirchen nur kulturpolitisch eingeordnet würden, gerieten die Religionsfreiheit und die grundsätzliche Position der Kirchen unter Druck, so der Erzbischof. Als Beispiel führte er die Reduzierung «zentraler Bekenntniszeichen» des Glaubens auf den Rang kultureller Symbole an. Eine Entleerung des politischen Raums von sichtbarer religiöser Praxis sei menschenrechtlich bedenklich und führe zu einer Verarmung des öffentlichen Lebens.

Marx wandte sich weiter dagegen, die Kirchen auf die Rolle eines «Funktionsträgers» für soziale oder andere Dienstleistungen zu reduzieren. Die Kirche übernehme gewiss im sozialen Bereich oder bei der Entwicklungspolitik bestimmte Funktionen für Staat und Gesellschaft. Dies könne aber nur soweit geschehen, «als sie damit ihrer kirchlichen Sendung entspricht». Er stehe ein, so der Erzbischof, für den Anspruch der Kirchen auf öffentliches Wirken.

Sozialer Einsatz und Beiträge zu Bildung und Erziehung dienten aber nicht der Bestandssicherung der Kirchen, sondern müssten «im Interesse der Politik liegen: Die Kirche antwortet auf Grundfragen der Menschen, sie wirkt sinnstiftend und dient so letztlich auch dem Gemeinwohl.»

Im Heft 118 der Justitia-et-Pax-Schriftenreihe behandeln die Mitglieder der Arbeitsgruppe «Religionen und Religionsfreiheit.
Menschenrechtliche Perspektiven für Politik und Kirche» unterschiedliche Aspekte. Dabei geht es unter anderem um das kirchliche Selbstverständnis und Hürden kirchlicher «Lobbyarbeit».