Berdolet wurde am 13. September 1740 als Sohn eines Lehrers im Dorf Rougemont bei Belfort geboren und wuchs in Delle auf. Diese Südecke des Elsass war schon Jahrhunderte französischsprachig, so dass sich Berdolet als Franzose sah.
In Zeiten der französischen Revolution legte er ohne Vorbehalte als Priester 1791 den Eid auf die Verfassung Frankreichs ab - und stellte sich so gegen die alte Ordnung und Rom. 1796 wurde er - entsprechend den damaligen Regeln - von einer Wahlversammlung unter Beteiligung von Laien zum Bischof des Oberelsass gewählt. Unter Napoleon bereute er den Eid - und trat 1801 zurück.
Seine Antwort auf die deutschsprachige Begrüßung bei seinem Antritt als Bischof von Aachen am 25. Juli 1802 war französisch. Sein Bekenntnis zu Frankreich war ein Motiv für Napoleon, den ehemaligen Bischof von Colmar in die neu eroberten Gebiete zu schicken. Denn die Rheinländer sollten wie die Elsässer gute Franzosen werden.
Rätestrukturen eingeführt
Und Aachen war eine echte Herausforderung für den schon recht betagten Mann. Denn Napoleon hatte gleich zwei Departements - Rur und Rhein-Mosel - zu einem Bistum zusammengefügt, das von Kreuznach bis Kranenburg am Niederrhein ging und verschiedene Territorien ehemaliger (Erz)Bistümer, darunter Köln und Lüttich, umfasste. Zunächst musste eine effiziente Verwaltung geschaffen werden.
Berdolet bediente sich der Mittel, die er als Bischof der konstitutionellen Kirche kannte. Er schaffte in Koblenz einen Kirchenrat. Auf Diözesanebene schuf er einen Verwaltungsrat mit zwei Generalvikaren und einen Priesterrat.
Der Gedanke intensiver Zusammenarbeit der Geistlichen in Verwaltung und Seelsorge war im Rheinland bis dato unbekannt. Diese Rätestrukturen sollten bald wieder verschwinden und erst in anderer Form nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wieder entstehen.
Ein anderes Aufgabenfeld war der Priesternachwuchs. Infolge des revolutionären Chaos in Frankreich, der Kriege und der Säkularisation drohte Priestermangel, und der Priesterberuf war in diesen Zeiten nicht gerade attraktiv. Berdolet entschloss sich mangels Räumlichkeiten in Aachen, das alte erzbischöfliche Seminar in Köln weiterzuführen. 1809 gab es schon wieder 326 Priesteramtskandidaten.
Wohlfahrt als Aufgabe der Kirche
Bildung in Verbindung mit Sozialfürsorge waren dem Bischof wichtig. So gründete er das Institute Josephine, eine Wohlfahrtseinrichtung, die nicht nur Essen austeilte, sondern auch dafür sorgte, dass die Armen in Anstellungen kamen. Er betrieb gleichsam aktive Arbeitsmarktpolitik durch solide schulische Ausbildung und nahm auf diese Weise die karitative Aufgabe von Kirche sehr ernst.
Die «französische» Diözese Aachen existierte noch bis 1821, auch wenn nach Berdolets Tod am 13. August 1809 bis zur Gründung des heutigen Bistums Aachen im Jahr 1930 kein Bischof mehr seinen Sitz in der Kaiserstadt hatte. Berdolets Engagement gab dem Katholizismus im Rheinland einen bedeutenden Schub. Er ist auf dem Aachener Ostfriedhof begraben. Sein Herz ruht aber in einer Mauernische der Chorhalle des Domes.
Marc Antoine Berdolet war erster Bischof von Aachen
Geistlicher in unruhiger Zeit
Er war unter den schwierigen Bedingungen einer wechselvollen Geschichte katholischer Geistlicher: Marc Antoine Berdolet. Trotz ungewöhnlicher Vorgeschichte wurde er 1802 Bischof des neu errichteten Bistums Aachen - und gab mit seinem Organisationstalent dem Katholizismus zwischen Maas und Rhein Auftrieb. Am Donnerstag ist der 200. Todestag des ersten Aachener Bischofs.
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