Malteser unterstützen Haiti-Rückkehrer bei Trauma-Bewältigung

Hilfe für Helfer

"Es ist einfach unvorstellbar, was wir hier sehen, riechen und fühlen." So oder ähnlich schildern Helfer in dem vom Erdbeben zerstörten Haiti ihre Eindrücke. Seit rund einer Woche sind manche von ihnen im Einsatz - oft rund um die Uhr und unter extremsten Bedingungen. Der Malteser Hilfsdienst in Köln bietet nun zurückkehrenden Rettungskräften Unterstützung bei der Bewältigung ihrer Erlebnisse an.

 (DR)

Bundeseinsatzleiter Sören Petry betont im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass sich dieser Service auch an Mitarbeiter anderer Hilfsorganisationen sowie an Journalisten richtet.

KNA: Herr Petry, wie kam es zu dem Angebot?
Petry: Wir haben nach dem Tsunami 2005 zusammen mit anderen Partnern eine eigene Hotline für die psychosoziale Unterstützung von Einsatzkräften egal welcher Organisation ins Leben gerufen. Dabei fiel uns schnell auf, dass Journalisten in Katastrophengebieten mit ganz ähnlichen Situationen konfrontiert werden und gegebenenfalls Hilfe brauchen. Und so haben wir damals das Angebot einfach ausgeweitet.

KNA: Was bieten Sie konkret an?
Petry: Telefonisch in der Regel Tipps für die erste Bewältigung von belastenden Erlebnissen. Anschließend besteht die Möglichkeit zu Einzel- oder Gruppengesprächen. Aller Erfahrung nach verschwinden die meisten Stressreaktionen zwei bis vier Wochen nach dem Einsatz. Wenn aber beispielsweise Angstzustände oder Schlaflosigkeit darüber hinaus andauern, raten wir zu einer weitergehender Betreuung. Wichtig bei alledem ist, dass die Betroffenen von sich aus auf uns zukommen.

KNA: Woher nehmen Sie die Expertise?

Petry: Als Malteser halten wir ohnehin an allen größeren Standorten psychologische Unterstützung beispielsweise für unsere Rettungssanitäter bereit. Denn auch ein Noteinsatz bei einem Verkehrsunfall kann für die beteiligten Helfer extrem belastend sein. Für das konkrete Angebot an Haiti-Rückkehrer können wir bundesweit bis zu 200 Experten aktivieren, die mit den verschiedenen Szenarien eines humanitären Großeinsatzes bestens vertraut sind. Um auch für Journalisten rasch geeignete Ansprechpartner zu finden, stehen wir darüber hinaus in enger Kooperation mit dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen.

KNA: An diesem Freitag kehren die ersten Einsatzkräfte der Malteser aus Haiti zurück - auf was machen Sie sich gefasst?
Petry: Mittelfristig gehe ich davon aus, dass wir es mit zwei Gruppen zu tun haben werden. Die ersten sind mit einem unvorstellbaren Chaos, dem Übermaß an Toten, den Verwesungsgerüchen und den Schreien der Verletzten konfrontiert worden. Die zweiten haben darüber hinaus die verschiedenen Nachbeben persönlich erlebt. Das ist für Helfer, die sich ohnehin schon in Grenzsituationen befinden, das Schlimmste, was ihnen passieren kann: Dass plötzlich ihr eigenes Leben in Gefahr ist.

Das Interview führte Joachim Heinz.

Hinweis: Die Malteser-Hotline zur psychosozialen Unterstützung von Einsatzkräfte ist erreichbar unter 0221/9822828