Malteser-Arzt warnt vor Gefahren bei Hitze

Nicht zu unterschätzen

Es wird in dieser Woche in Deutschland richtig heiß. Temperaturen bis zu 40 Grad sind für Dienstag angekündigt. Der Malteser-Bundesarzt Rainer Löb weiß, wie man sich gegen die Hitze schützen kann und was man vermeiden sollte.

Hitze in Deutschland / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Hitze in Deutschland / © Frank Rumpenhorst ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wir reden von teilweise 40 Grad in dieser Woche in Deutschland. Wie beunruhigend finden Sie als Arzt diese Temperaturen?

Rainer Löb, Malteser-Bundesarzt / © privat (privat)
Rainer Löb, Malteser-Bundesarzt / © privat ( privat )

Dr. Rainer Löb (Bundesarzt des Malteser Hilfsdienst e.V. und Chefarzt an der St. Barbara-Klinik in Hamm-Heessen): Im Grundsatz freue ich mich, dass es schönes Wetter ist und dass es warm ist. Aber da unsere Krankenhäuser und die Arztpraxen in der momentanen Situation bereits gut gefüllt sind, ist es besonders mit Blick auf ältere Menschen wirklich ein Thema.

Dr. Rainer Löb, Malteser Hilfsdienst e.V.

"Die Hitze kann nicht nur Ältere treffen, sondern auch jüngere. Aber ältere Menschen können es schlechter kompensieren."

Aber die Hitze kann nicht nur Ältere treffen, sondern auch jüngere. Ältere Menschen können es jedoch schlechter kompensieren. Wenn sie bei der Hitze nach draußen gehen und das schöne Wetter genießen wollen, indem sie sich der Sonne aussetzen, kann das durchaus kritisch werden. Dann könnten auch die Krankenhäuser von den entsprechenden Menschen aufgesucht werden müssen. Das wollen wir natürlich vermeiden.

DOMRADIO.DE: Merken denn ältere Menschen die Hitze nicht so gut?

Löb: Eigentlich merken sie es schon. Warm wird jedem. Aber ältere Menschen haben es gerne wärmer. Das merken wir alle. Wenn wir zum Beispiel Großeltern oder ältere Menschen im Altersheim besuchen, dann ist es in den Räumen meistens wärmer, als wir es gerne hätten.

Das liegt einfach daran, dass die Wärmeregulation bei älteren Menschen etwas anders ist. Abgesehen davon kann der ältere Mensch dann aber Hitze nicht mehr so ganz ausgleichen. Wir kühlen uns ja eigentlich gut selbst, wenn wir anfangen zu schwitzen. Das Schwitzen ist der natürliche Mechanismus, weil die Flüssigkeit dann auf unserer Haut verdampft und uns das kühlt. Das geht bei Älteren tatsächlich deutlich schlechter, weil das Schwitzen reduziert ist.

DOMRADIO.DE: Der Präsident der Ärztekammer Berlin, Peter Bobbert, hat gesagt, dass der Hitzetod ein stiller, einsamer Tod ist. Warum gelten Wohnungen und auch Pflegeheime als Risikogebiete für den Hitzetod?

Dr. Rainer Löb, Malteser Hilfsdienst e.V.

"Wir sind nicht mehr in der uralten Burg, wo es im Sommer immer noch kühl bleibt, sondern gerade in den Städten steht es."

Löb: Weil sich in den Städten die Hitze sammelt. Das merkt man manchmal, wenn man viele heiße Tage im Sommer hat und dann in einem Haus sitzt. Dann erhitzen sich auch die Wände sehr.

Wir sind nicht mehr in der uralten Burg, wo es im Sommer immer noch kühl bleibt. Gerade in den Städten steht die Hitze. Es kommt kein Lüftchen mehr durch. Die Gebäude sind heiß. Dann hat man unter Umständen auch in der Wohnung unglaubliche Hitze, die man nicht mehr rauskriegt.

Schutz vor Sonne und Hitze / © Ben Birchall (dpa)
Schutz vor Sonne und Hitze / © Ben Birchall ( dpa )

DOMRADIO.DE: In anderen Ländern, wie zum Beispiel in Frankreich, wurde ein nationaler Hitzeplan entwickelt. In Deutschland aber nicht. Was müsste denn hier passieren?

Löb: Letztendlich muss man darüber reden, wie man langfristig Städte so plant, dass ausreichend grüne Oasen da sind und die Straßenschluchten nicht so eng sind, damit die Hitze nicht darin stehen kann. Das sind alles langfristige Themen.

Ein anderer Aspekt ist die Aufklärung über Anzeichen für einen Hitzestau im Körper. So etwas wie einen Hitzschlag merken wir unmittelbar. Den Begriff kennt eigentlich auch jeder.

Aber einen Sonnenstich kennt nicht unbedingt jeder. Das klingt grundsätzlich gar nicht so gefährlich. Ein Sonnenstich ist etwas, was sich typischerweise erst Stunden verzögert bemerkbar macht, zum Beispiel abends, nachdem man sich lange der Sonne ausgesetzt hat.

Dann wird einem übel. Man hat unter Umständen Erbrechen, Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Nackensteifigkeit. Damit rechnet man vilelleicht gar nicht mehr, aber es kann viel bedrohlicher werden.

DOMRADIO.DE: Welche gesundheitlichen Anzeichen gibt es denn, wenn es einem zu warm wird?

Löb: Man kann Kopfschmerzen bekommen oder heiße und trockene Haut. Man wird müde und schlapp. Das kann aber auch hin bis zu Schwindelgefühl, Bewusstlosigkeit, Verwirrtheit, Halluzinationen führen.

Richtig kritisch ist es, wenn jemand bewusstlos wird und dieser Mensch war wirklich in der Sonne. Dann ist entscheidend, direkt den Rettungsdienst 112 anzurufen.

DOMRADIO.DE: Und dann vielleicht in der Zeit Schatten zu spenden?

Löb: Unbedingt. In den Schatten bringen, ihm Schatten spenden. Einen Regenschirm hat man meistens in der Situation nicht dabei, aber Sie können irgendetwas nehmen, was demjenigen Schatten spenden kann. Am besten sollte man denjenigen raus aus der Sonne holen und dahin bringen, wo keine Sonneneinstrahlung mehr hinkommt. Dann sollte man ihm vorsichtig zu trinken geben, wenn derjenige noch bei Bewusstsein ist.

DOMRADIO.DE: Was können wir selber für uns persönlich tun, damit wir gut durch die Hitze kommen?

Bei Hitze möglichst viel trinken / © LightField Studios (shutterstock)
Bei Hitze möglichst viel trinken / © LightField Studios ( shutterstock )

Löb: Eine ganze Menge. Wenn es draußen richtig heiß ist, dann sollte man ausreichend trinken. Wir sollen ja normalerweise schon ein bis zwei Liter am Tag trinken. Dazu müssen sich einige auch anhalten, selbst jüngere Menschen. Wenn wir dann aber richtig Durst bekommen, dann müssen wir schon zusehen, dass wir Flüssigkeit bekommen.

Bei großer Hitze können das auch schon mal zwei bis drei Liter am Tag sein. Kritisch ist es natürlich, wenn man Erkrankungen wie zum Beispiel eine Nierenerkrankung hat. Da muss man schon vorher mit dem Arzt klären, wie viel Trinkmenge man überhaupt im Körper verträgt.

DOMRADIO.DE: Was halten Sie denn von abkühlenden Fußbädern und ein bisschen Eis auf die Hände legen?

Dr. Rainer Löb, Malteser Hilfsdienst e.V.

"Was Sie unbedingt vermeiden sollten, wenn ich schon sage: viel trinken, trinken Sie keinen Alkohol oder keine großen Mengen."

Löb: Das kann man schon machen, weil es letztendlich auf der Haut dazu führt, dass es sie herunterkühlt. Es sollten nur keine großen Mengen sein. Sie sollten nicht in ein Eisbad springen, wenn es draußen heiß ist. Dann reagiert der Körper unter Umständen mit einer Schockreaktion.

Man sollte natürlich möglichst keinen Alkohol oder keine großen Mengen Alkohol trinken. Wir haben ja immer das Gefühl, wenn wir ein Radler oder eine Schorle trinken, dann werden wir gerade bei der Hitze richtig gut erfrischt. Aber Alkohol erweitert die Blutgefäße noch zusätzlich zur Hitze. Dann kann einem nicht nur schwindlig werden, sondern man kann auch bewusstlos werden, weil die Blutgefäße aufgehen und der Blutdruck für den Kopf nicht mehr da ist.

Trinken Sie lieber Wasser, Mineralwasser, auch nicht eiskalt, sondern lauwarm. Leicht gekühlt geht natürlich auch. Sie können zum Beispiel auch Kräutertees trinken. Früchtetee ist am besten, aber nicht gesüßt. Dann haben Sie einen idealen Durstlöscher.

DOMRADIO.DE: Was ist denn Ihr persönliches Hitzegetränk?

Löb: Ich trinke unglaublich gerne Wasser mit frisch geschnittenem Ingwer, das Ganze lauwarm. Das ist ganz ausgezeichnet, um bei Hitze Abkühlung zu bekommen. Oder auch Mineralwasser. Ganz eindeutig viel Mineralwasser, aber nicht gekühlt, sondern so, wie es aus der Leitung kommt.

Wenn es um Essen geht, sollte man herzhaft essen, weil wir in der Hitze Wasser und Salze verlieren. Ein bisschen salziges, kein schweres Essen. Mediterran ist eigentlich genau das, was angezeigt wäre.

Das Interview führte Florian Helbig.

Uniklinik ruft wegen Hitze zur Vorsicht auf

Mediziner rufen die Menschen wegen der erwarteten Hitzewelle dazu auf, direkte Sonneneinstrahlung zu meiden. Als besonders gefährdet bezeichnete die Universitätsklinik Rostock sowohl Kleinkinder, alte Menschen als auch Patienten mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen. "Sonnenbrand, Kopfschmerzen und Sonnenstich bei zu viel direkter Sonneneinstrahlung sind die größten Gefahren", sagte Jan-Arne Lauffs, Leiter der Zentralen Notaufnahme im Universitären Notfallzentrum (UNZ).

Bis zu 40° C warm soll es in dieser Woche in Deutschland werden / © Frank Rumpenhorst (dpa)
Bis zu 40° C warm soll es in dieser Woche in Deutschland werden / © Frank Rumpenhorst ( dpa )
Quelle:
DR