Magdeburgs Altbischof Leo Nowak wird 95 Jahre alt

Hoffnungsfunken stärken

Er liebt das Gespräch mit den Kirchenfernen, verfolgt die theologischen und gesellschaftlichen Debatten und hält sich mit ausgedehnten Spaziergängen fit. Die Frage, wie man Hoffnung schenken könne, ist ein Herzensthema von Leo Nowak.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Leo Nowak, emeritierter Bischof von Magdeburg, am 13. März 2024 in Magdeburg. / © Karin Wollschläger (KNA)
Leo Nowak, emeritierter Bischof von Magdeburg, am 13. März 2024 in Magdeburg. / © Karin Wollschläger ( KNA )

Auf dem Tisch liegt ein Sonderheft der Herder Korrespondenz: "Gottes starke Töchter". Leo Nowak hat es mit großem Interesse gelesen. "Ich kann mir vorstellen, dass Frauen auch am Altar stehen und Priesterinnen werden können", sagt der katholische Magdeburger Altbischof, der am Sonntag seinen 95. Geburtstag feiert.

Ja, räumt er ein, er habe seine Einstellung zu diesem Thema geändert. Vor 30 Jahren - damals war er Jugendbischof der Deutschen Bischofskonferenz - erteilten die Bischöfe der damaligen BDKJ-Vorsitzenden Karin Kortmann eine öffentliche Rüge, als sie eine Unterschriftenaktion gegen das päpstliche "Nein" zum Frauenpriestertum initiierte.

"Die Gesellschaft verändert sich, und wir sind als Kirche Teil davon. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, sonst sind wir draußen und verlieren den Draht zu den Menschen", konstatiert Nowak. Er selbst verfolgt mit wachem Geist die aktuellen theologischen und gesellschaftspolitischen Debatten, liest, sucht das Gespräch. "Am liebsten mit Menschen, die sagen, sie haben mit Kirche und Glauben nix am Hut", sagt er.

Hoffnung als Gesprächseinstieg

Bis vor Corona hatte er fast zehn Jahre lang einen Gesprächskreis mit über 20 Ärzten, der sich zweimal im Jahr traf, um über Medizin und Religion zu sprechen. "Einmal ging es um die Frage, einem Sterbenden immer die Wahrheit sagen muss", erzählt Nowak. "Einer sagte: 'Ja, müssen wir. Aber wir dürfen auch keinen Menschen ohne Hoffnung lassen. Nur: wie geht das, wenn es keine medizinische Hoffnung mehr gibt?' Es trat eine lange Stille ein."

Die Frage nach der Hoffnung, wie man sie stärken und weitergeben kann, ist ein Herzensthema von Nowak. "Ich erlebe es immer wieder, dass man darüber auch gut ins Gespräch mit Nichtgläubigen kommt. Meines Erachtens steckt Hoffnung oder die Sehnsucht nach Hoffnung in jedem Menschen. Und wenn wir den Hoffnungsfunken - gerade auch in unsicheren Zeiten - stärken können, dann haben wir als Kirche, haben wir als Christen den Menschen schon einen großen Dienst erwiesen. Leben wir doch aus einer Hoffnung, die uns geschenkt wurde." Inspirieren lässt er sich dabei durch die Texte des tschechischen Religionsphilosophen Tomas Halik (75), der sich intensiv mit dem Christentum in der säkularen Gesellschaft beschäftigt.

Erfurchtsvolle Abschlussbeurteilung

Nowak stand von 1990 bis 2004 an der Spitze des Magdeburger Kirchengebietes, das 1994 zum Bistum erhoben wurde. Als ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof in Magdeburg ernannte, war in der damals noch existierenden DDR der gesellschaftliche und politische Wandel in vollem Gange. Die Kirche stand vor der Herausforderung, ihren Standort neu zu bestimmen und sich auf neue Handlungschancen einzustellen. Nowak schien dafür genau der richtige Mann.

Nach abenteuerlichem Beginn seines Theologie-Studiums - er reiste wenige Jahre nach Kriegsende bei Nacht und Nebel mit falschem Pass über Berlin nach Paderborn - empfing er 1956 in Magdeburg die Priesterweihe. In der Abschlussbeurteilung schrieb der Regens des Erfurter Priesterseminars: "Nowak ist begabt, fleißig, geistig interessiert, dazu von einer großen Ruhe und Überlegenheit. Seine humorvolle, sichere Art half über viele Schwierigkeiten hinweg. Er ist zugleich praktisch begabt, musikalisch, kann Singekreise leiten, so dass er verspricht, auf vielerlei Posten voll seinen Mann zu stehen."

Werte-Erziehung

Während seiner Zeit als Bischof war es Nowak stets wichtig, in seinem Bistum mit einem Katholikenanteil von drei Prozent auch die Nicht-Christen zu erreichen, etwa im Bereich der Werte-Erziehung. So gründete er in seiner Amtszeit drei Gymnasien und vier Grundschulen, deren Plätze auch bei Konfessionslosen sehr begehrt sind.

Als die katholische Kirche aus dem System der staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatung im Jahr 1999 ausstieg, trieb Nowak die Sorge um die werdenden Eltern um und er gründete die Stiftung "Netzwerk Leben". Sie unterstützt in Notfällen mit schneller, unbürokratische Hilfe, etwa durch Rechtsberatung oder finanzielle Beihilfen. Auch damit erreicht das Bistum viele Nicht-Christen.

Smartphone und Fitness-Uhr

Eine weitere Initiative von ihm war die Wiederbesiedlung des mittelalterlichen Zisterzienserinnen-Klosters Helfta. In Nowaks Bischofsjahre fielen indes auch verlustreiche Immobilien- und Finanzgeschäfte, mit denen das Diaspora-Bistum eigentlich seine finanzielle Situation verbessern wollte und dann beinahe in den Ruin steuerte.

Sein hohes Alter merkt man Leo Nowak kaum an. Fast täglich hält er sich mit ausgedehnten Spaziergängen fit, checkt auf dem Handy seine Schrittzahl und erkundigt sich interessiert, wo man eigentlich eine dieser Fitness-Uhren bekommt. Er mag Lyrik, besonders von ostdeutschen Frauen wie Eva Strittmatter. Auch zwanzig Jahre nach seiner Emeritierung übernimmt der gebürtige Magdeburger noch regelmäßig Gottesdienste in der Kathedrale und ist als volksnaher und humorvoller Seelsorger präsent.

Bistum Magdeburg

Das Bistum Magdeburg zählt zu den jüngsten Bistümern in der Bundesrepublik. Die Geschichte des katholischen Glaubens in der Region reicht allerdings zurück bis ins achte Jahrhundert.

Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf (KNA)
Die Kathedrale Sankt Sebastian zwischen Wohnhäusern in Magdeburg / © Dominik Wolf ( KNA )
Quelle:
KNA