Ursprünglich gab es in den Kirchen keine Sitzgelegenheiten – außer jene am Altar – genannt Sedilien, auf dem Priester, Diakone und Messdiener Platz nahmen. Ein Sitz in der Kirche war so außergewöhnlich, dass die Kathedralen ihren Namen vom Bischofssitz der "Kathedra", die sich in diesen Großen Kirchenbauten befanden, erhalten haben. Erst im Spätmittelalter also 13. - 14. Jahrhundert zog dann die Laienbestuhlung in die Kirchen ein. Die hatte bis dahin in katholischen Gottesdiensten vermutlich niemand vermisst, weil das Volk eigentlich immer nur mal kurz zur Wandlung eine Stippvisite machte, das Allerheiligste schaute und wieder ging. Predigten gab es auch nur in besonderen Gottesdiensten.
Luther + Predigt = Kirchenbänke
Luther war es mal wieder, der alles umarrangierte, also Bänke in die Kirchen brachte. Zunächst übersetzte er die Bibel ins Deutsche, dann gab es auch noch die Predigten in der Muttersprache. Auf einmal konnten die einfachen Kirchgänger etwas verstehen. Die Folge: sie hörten der Predigt zu und Predigten sollten eine Stunde dauern. Im Protestantismus ist die Predigt ein zentrales Element. Darum wurden "Kirchenstühle" eingeführt und die sollten ausdrücklich nicht zu bequem sein, damit man nicht einschlief. Diese Kirchenstühle konnten dann durchaus auch Bänke sein, da passen einfach mehr Leute drauf.
Bei den Katholiken wurden dann im 16 Jahrhundert mit dem Konzil von Trient die Predigt in der Messfeier Pflicht. Man könnte also sagen, die flächendeckende Bestuhlung katholischer Kirchen war eine Folge desTrienter Konzils. Vornehme Familien ließen sich übrigens eigene Kirchenstühle anfertigen, manche sogar mit Fußwärmern und Trennwänden – man wollte sich vom Plebs abheben. Es dauert dann auch nicht lange, bis es wüste Streitigkeiten darum gab, wessen Stuhl wo stehen sollte oder durfte und wem die erste Bank zustand.
Chorgestühl als Vorläufer für Laienbänke?
In alten katholischen Kirchen findet man alte Chorgestühle, diese hat Luther nicht eingeführt, sondern Benedikt von Nursia. Das Chorgestühl ist der Ausdruck des Eingebundenseins in eine feste Gemeinschaft und deren Regeln. Benedikt von Nursia hatte das Chorgestühl in seinen Orden eingebracht: Die Mönche und Nonnen waren sozusagen Teil eines festen Gefüges von Regeln. Im Chorgestühl hatte so auch jede und jeder einen festen Platz -Man saß sich in langen Bänken gegenüber - in der Mitte dazwischen ein verbindender Freiraum, Raum für Gott. Später wurde das Chorgestühl dann von anderen Orden übernommen. Es gibt auch Stimmen, die sagen, dass es deswegen eben KirchenBÄNKE seien, auf denen heute die Kirchgänger sitzen. Damit sei das klösterliche Modell übertragen worden. Man weiß es nicht. Ganz klar aber ist: Das Aufkommen von Kirchenbänken im Spätmittelalter war nicht etwa eine Ausweitung der Priestersitze.
Babette Braun