DOMRADIO.DE: Am Freitagabend war die Eröffnung der Festwoche. An diesem Samstag gibt es einige Führungen durch den Lübecker Dom. Was gibt es denn Spannendes zu sehen?
Martin Klatt (Pastor der evangelisch-lutherischen Dom-Kirchengemeinde Lübeck): Der Lübecker Dom ist ein richtiges Schatzhaus.
Er hat eine lange Geschichte und zu entdecken gibt es in ihm unglaublich viel – so beispielsweise wunderbare Altäre, unter anderem auch einen Einhorn-Altar, der bestimmt auch für Kinder von besonderem Interesse sein dürfte.
Die lange Geschichte hat natürlich auch Spuren hinterlassen. An dem großen Triumphkreuz kann man noch die Spuren des Feuers aus der Palmarumnacht 1942 sehen, als der Dom gebrannt hat und vieles zerstört worden ist.
DOMRADIO.DE: Der Lübecker Dom ist also eine sehr historische Stätte. Jetzt gibt es eine Woche lang Programm, beziehungsweise ja noch länger, bis Sonntag in einer Woche.
Viel musikalisches ist dabei, ganz unterschiedliche Genres und Veranstaltungen. Haben Sie da ein Konzert auf das Sie sich besonders freuen?
Klatt: Ich freue mich auf die fröhliche Vielfalt. Für uns war das eine wichtige Entscheidung, zu sagen, dass wir kein Jubiläum, sondern einen Geburtstag feiern wollen und dazu viele Menschen einladen, damit ein fröhliches Fest entsteht.
So wird es ganz vielfältige Musik geben, unter anderem von Schülerinnen und Schülern der benachbarten Schulen, der Domschule und der Oberschule zum Dom.
Für mich wird ein besonderes Highlight sicher das große Konzert zum Abschluss der Festwoche mit dem Domchor sein, der in diesem Jahr wiederum sein 75-jähriges Bestehen feiert.
DOMRADIO.DE: Es gibt natürlich auch Gottesdienste und auch Vorträge, darunter einer vom ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck über die liberale Demokratie. Wie passt das in die Festwoche?
Klatt: Herr Gauck ist einer der ersten gewesen, der sich zurückgemeldet hat, als wir nach Vortragenden für diese Festwoche und das ganze Festjahr gefragt haben.
Uns war es besonders wichtig, dass wir diesen Geburtstag nicht hinter verschlossenen Türen und unter uns und beschränkt auf kirchliche Themen feiern, sondern ein zeitgeschichtlich aktuelles Thema unbedingt miteinbeziehen, weil wir für die Menschen von heute Kirche sein wollen.
DOMRADIO.DE: Worum geht es dann da?
Klatt: Das ist ein Thema, das Altbundespräsident Gauck umtreibt, nämlich die Infragestellung von Demokratie von vielen Seiten her. Infragestellungen von außen, wenn man an den Ukraine-Krieg denkt, aber auch in Fragestellungen von innen.
Dass Demokratie eine selbstverständliche Gegebenheit ist, war eine Gewissheit gewesen, mit der ich aufgewachsen bin.
Aber plötzlich sehen wir, dass auch in unserer Gesellschaft Kräfte am Werk sind, die das grundsätzlich infrage stellen. Ich halte es für ganz wichtig, an dieser Stelle große Aufmerksamkeit walten zu lassen.
DOMRADIO.DE: Das Besondere ist auch, dass der Eintritt zu allen Veranstaltungen und Konzerten frei ist, außer einer Theaterveranstaltung – "Romeo und Julia" im Domhof.
Klatt: Genau, das ist eigentlich eine zeitliche Koinzidenz gewesen, die uns das ins Programm gespült hat. Die Theateraufführung wird im Domhof stattfinden.
Das ist gewissermaßen auf der Rückseite des Doms und ist ein neues Projekt des Theaters Lübeck, mit bestimmten Inszenierungen auch das Haus des Theaters zu verlassen.
Wir haben uns an dieser Stelle zusammengetan und gut miteinander abgestimmt und freuen uns, dass das jetzt auch in dieser Weise parallel stattfinden kann.
DOMRADIO.DE: Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Weltrekordversuch für die größte Torte der Welt mit 850 Kerzen für das Geburtstags-Jubiläum des Lübecker Doms.
Klatt: Wir haben eine wunderbare große, rote Schleife an einem der Türme. Wenn Sie sich davon ein Bild machen wollen, geht das dann bestimmt auch in den sozialen Netzwerken. Das ist kein Weltrekord, aber etwas besonders Schönes.
Das Interview führte Florian Helbig
Festprogramm zum 850-jährigen Jubiläum des Doms zu Lübeck
Am Freitag, 23. Juni, beginnt die zehntägige Festwoche zum 850. Geburtstag des Dom zu Lübeck. Das Posaunenwerk Hamburg-Schleswig-Holstein spielt ab 20 Uhr auf der Domwiese, um 21 Uhr leitet Bischöfin Kirsten Fehrs die Andacht, die bei abnehmenden Tageslicht in einem Lichtermeer aus vielen Kerzen endet. Ganz nach dem Motto: „Licht empfangen und weitergeben. Abendlieder singen. Segen spüren“.
