Literaturnobelpreis geht an französischen Autor Le Clézio

"Schriftsteller der Gegenwelten"

Der französische Autor Jean-Marie Gustave Le Clézio erhält in diesem Jahr den Litarturnobelpreis. Das teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit. Der 68-Jährige wurde als "Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase" und "Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und unterhalb der herrschenden Zivilisation" gewürdigt.

 (DR)

Zu den Werken des preisgekrönten Autors, der in Frankreich zu den bedeutendsten zeitgenössischen Schriftstellern zählt, gehören «Das Protokoll», «Wüste», «Revolutionen» sowie «Der Afrikaner». Le Clézio veröffentlichte Romane, Erzählungen und Essays. Sein Schaffen umfasst rund 50 Werke, die zumeist beim französischen Verlag Éditions Gallimard veröffentlicht wurden. Sein neuester Roman «Ritournelle de la Faim» erschien nach Verlagsangaben am 2. Oktober.

Den Angaben zufolge lebt J. M. G. Le Clézio seit den 90er Jahren mit seiner Frau abwechselnd in Albuquerque im US-Bundesstaat New Mexico, auf Mauritius und in Nizza, seinem Geburtsort. Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy nahm die Nachricht nach eigenen Angaben mit «immensem Stolz» auf und gratulierte dem Schriftsteller «im Namen aller Franzosen».

Mit der diesjährigen Entscheidung geht die Ehrung erneut nicht an einen US-Autor. Der ständige Sekretär der Schwedischen Akademie, Horace Engdahl, hatte Medienberichten zufolge vor kurzem mit Äußerungen für Wirbel gesorgt, wonach er die Qualität der Literatur aus den USA kritisierte. Zuletzt war mit Schriftstellerin Toni Morrison 1993 ein US-Vertreter mit dem Literaturnobelpreis bedacht worden. Zu den ständigen Favoriten zählen unter anderen die amerikanischen Schriftsteller Don DeLillo und Philip Roth.

Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki sagte denn auch, er sei «natürlich» enttäuscht, «weil Philip Roth den Preis seit vielen Jahren verdient hätte». Erneut sei der US-Autor aber leer ausgegangen. Zum Werk Le Clézios könne er sich nicht äußern. Er habe noch keines seiner Bücher gelesen. «Er soll ein seriöser Autor sein», sagte Reich-Ranicki.

Auf Deutsch war von Le Clézio zuletzt «Der Afrikaner» im Carl Hanser Verlag erschienen. Die zuständige Verlagssprecherin Christina Knecht sagte, das Werk sei bis eben lieferbar gewesen und werde sofort nachgedruckt. Ihr Verlag sei in Verhandlungen über das neue Buch «Ritournelle de la Faim», es sei aber noch alles offen.

Die bei Hanser für Le Clézio zuständige Lektorin Tatjana Michaelis bezeichnete diesen als «Schriftsteller der Gegenwelten», der den Lesern Teile der Welt Lateinamerikas und Afrikas erschlossen habe, die man so nicht gekannt habe. Zugleich habe er auch immer «Orte der Sehnsucht» beschrieben.

Manche seiner Werke hängen auch eng mit seiner eigenen Lebensgeschichte zusammen. Wie die Akademie schreibt, hat sich der Schwerpunkt seines Werkes immer mehr in Richtung auf die Erforschung der Welt der Kindheit und der Geschichte der eigenen Familie verschoben. In «Der Afrikaner» zum Beispiel erzählt Le Clézio von der Reise, die ihn 1948 nach Afrika führte und wo er zum ersten Mal seinem Vater begegnete, einem Tropenarzt.

Im vergangenen Jahr ging der Literaturnobelpreis an die britische Schriftstellerin Doris Lessing. Aus dem deutschsprachigen Raum hatte zuletzt die Österreicherin Elfriede Jelinek 2004 die Auszeichnung erhalten. Letzter deutscher Literaturnobelpreisträger war Günter Grass im Jahr 1999.

Der Nobelpreis ist mit umgerechnet rund einer Million Euro dotiert. Die Auszeichnungen werden traditionsgemäß am 10. Dezember, dem Todestag des Preisstifters Alfred Nobel (1833-1896), durch Schwedens König in Stockholm überreicht. Der Friedensnobelpreis wird in Oslo verliehen.