Liberias Frauen fordern friedliche Wahlen

"Wir wollen keinen Krieg mehr"

In Liberia - wo über viele Jahre hinweg einer der schlimmsten Bürgerkriege tobte - wurden die Wahlen am Dienstag mit Spannung erwartet. Gleich 16 Kandidaten bewerben sich um das Amt des Präsidenten. Zu den aussichtsreichsten Bewerbern gehört Ellen Johnson Sirleaf, Amtsinhaberin und seit Freitag auch Friedensnobelpreisträgerin.

Autor/in:
Katrin Gänsler
 (DR)

Aber auch Winston Tubman, ihr ärgster Konkurrent, hat gute Chancen, Staatschef zu werden. Viel wichtiger als die Frage, wer künftig Liberia regiert, ist vielen Menschen aber etwas ganz anderes: Sie wünschen sich, dass in ihrer Heimat kein neuer Krieg ausbricht.



Das große Frauenkreuz hat in Monrovia wohl jeder schon gesehen. Egal, ob die Regenzeit ihre letzten Kapriolen schlägt und es mal wieder in Strömen regnet und gewittert oder ob die Sonne unermüdlich brennt: Jeden Morgen reihen mehr als 100 Frauen ihre bunten Stofftücher aneinander bis daraus ein eindrucksvolles Kreuz entsteht. In der Mitte des Kreuzes haben sie die liberianische Flagge aufgestellt, die im Wind weht. Schatten spenden nur ein paar rote, große Schirme für all jene, die es nach vielen Stunden des Liegens, Sitzens und vor allem Betens nicht mehr in der Sonne aushalten.



Margaret Malley hat sich gerade unter einen dieser Schirme gesetzt. Mit ihrem linken Unterarm wischt sie sich den Schweiß von der Stirn. Den rechten hat sie nicht mehr - der Krieg eben. "Seit sieben Uhr heute bin ich heute Morgen hier", sagt sie und schaut zu den anderen Frauen hinüber, die sich gerade zum Singen und Tanzen aufgestellt haben. Malley ist Koordinatorin des Netzwerkes "Frauen für die Friedensschaffung" (WIPNET, Women in Peacebuilding Network) und wartet gespannt auf die Wahlen. "Im Moment hören wir alle möglichen Gerüchte. Jetzt müssen wir gemeinsam beten. Es muss friedlich bleiben."



"Wir müssen in die Zukunft blicken"

Mit ihrer Aktion unterstreichen die Frauen, wie ernst ihnen dieser Wunsch ist. Sie sind müde und wollen den grausamen Bürgerkrieg, der bis 2003 tobte, endlich vergessen. "Wir müssen in die Zukunft blicken", sagt Malley. Über das, was sie im Krieg erlebte, will sie nicht mehr sprechen. "Mit wem auch? Meine Kinder haben den Krieg doch alle selbst erlebt. Meine Enkelkinder waren noch zu klein", sagt sie. Die Wunden sollen heilen und nicht ständig wieder aufgebrochen werden.



Dabei gehörte WIPNET zu jenen Gruppen, die sich seit vielen Jahren für den Frieden in Liberia einsetzen. Viel Aufmerksamkeit erreichten die Friedensfrauen beispielsweise durch einen Besuch bei den Rebellenführern. Diese hatten sich nach Sierra Leone zurückgezogen. WIPNET schickte eine kleine Delegation in das Nachbarland und forderte Verhandlungen zwischen ihnen und Gewaltherrscher Charles Taylor. Im August 2003 wurde der Druck auf Taylor schließlich zu groß, so dass in der ghanaischen Hauptstadt Accra das Friedensabkommen unterzeichnet werden konnte.



Friedensnobelpreis spornt an

Unter den WIPNET-Aktivisten von damals war auch die zweite liberianische Friedensnobelpreisträgerin Leymah Gbowee. Dass die Auszeichnung an eine von ihnen ging, spornt die Gruppe nun noch einmal besonders an. "Es ist wundervoll, dass ausgerechnet sie den Preis bekommen hat", freut sich Louise Yarbiah, die die täglichen Treffen mitorganisiert. Sie wünscht sich, dass der Friedensnobelpreis sich positiv auf das ganze Land auswirkt und es am Dienstag nicht zu einem erneuten Ausbruch von Gewalt kommt. "In den vergangenen Jahren ist es wirklich besser geworden. Wir wollen einfach keinen Krieg mehr", sagt Yarbiah.



Unklarheit herrscht im Land allerdings darüber, ob und wie die Vergabe des Friedensnobelpreises an Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf die Wahlen beeinflussen könnte. Viele Anhänger von Mitbewerber Winston Tubman und dessen "Congress for Democratic Change" (CDC) machten jedenfalls bereits Minuten nach der Vergabe auf den Straßen Monrovias klar: "Die Entscheidung ist ungerecht." Tubman selbst sagte: "Johnson Sirleaf hat den Preis nicht verdient. Sie ist eine Kriegstreiberin."