Leiter des katholischen Büros in Bayern ordnet Wahl ein

Nicht zur Spaltung beitragen

Die CSU hat die Wahl in Bayern gewonnen, die Wahlbeteiligung liegt auf dem höchsten Wert seit 1982. Aber auch die AfD hat Rekordwerte. Matthias Belafi beobachtet als Leiter des katholischen Büros in Bayern das politische Klima.

Matthias Belafi, Leiter des Katholischen Büros Bayern / © Dieter Mayr (KNA)
Matthias Belafi, Leiter des Katholischen Büros Bayern / © Dieter Mayr ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das war die erste Landtagswahl, die Sie als Leiter des Katholischen Büros in Bayern erlebt haben. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 75 Prozent. Wie bewerten Sie das?

Dr. Matthias Belafi (Leiter des katholischen Büros in Bayern): Bei der letzten Landtagswahl war die Wahlbeteiligung schon sehr hoch und jetzt ist sie nochmal um einen Punkt gestiegen, das ist schon ein guter Erfolg. Das ist die höchste Wahlbeteiligung hier bei den Landtagswahlen seit 1982. Wie gut das ist, sieht man im Vergleich zu Hessen, wo es lediglich 66 Prozent Wahlbeteiligung waren. Oder wenn man nach Nordrhein-Westfalen schaut, wo es im vergangenen Jahr eine Debatte darber gab, dass nur 55 Prozent zur Landtagswahl gegangen sind. Dagegen ist das ein sehr guter Wert.

Matthias Belafi

"Aber wo Licht ist, ist natürlich auch ein Schatten."

Aber wo Licht ist, ist natürlich auch ein Schatten. Wenn man sich die Wählerwanderung anschaut, sieht man, dass viele Nichtwähler zur AfD gegangen sind. Das ist ein Problem. Dieses Phänomen konnten wir in den vergangenen Jahren immer wieder beobachten. Viele, die bislang nicht wählen waren, fühlen sich dann von dieser Partei angesprochen. Trotzdem würde ich sagen, dass eine steigende Wahlbeteiligung, eine steigende demokratische Beteiligung auch ein Wert für sich ist. Das ist also eine gute Entwicklung, die wir gestern gesehen haben.

Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger / © Peter Kneffel (dpa)
Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger / © Peter Kneffel ( dpa )

DOMRADIO.DE: Wie im Rest der Republik ringen die demokratischen Parteien auch in Bayern um den richtigen Umgang mit Rechtsextremen und Rechtspopulisten. Die Freien Wähler hatten die Flugblattaffäre mit antisemitischen Inhalten und Herrn Aiwanger. Das alles scheint der AfD nicht geschadet zu haben. Was zeigt der Ausgang dieser Wahl in dieser Hinsicht?

Belafi: Das Problem ist meines Erachtens, dass es keine allgemeingültig anerkannte und erfolgreiche Methode gibt, den Rechtspopulismus zu bekämpfen. Sonst würden wir die Debatten der letzten Monate und Jahre nicht so intensiv führen. Es gibt zwei Theorien: Die einen sagen, wer die Themen der Rechtspopulisten anspricht, der macht sie auch groß. Die anderen sagen, man darf bestimmte Themenfelder nicht den Rechtspopulisten überlassen. Nach so einem Wahlergebnis wie gestern wird eine Bestätigung für beide Thesen finden. Die einen sagen, die AfD sei mit diesen Themen so stark geworden. Andere sagen, dass die Regierungsparteien relativ stabil angeschnitten haben und sehen sich in der zweiten These bestätigt. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo in der Mitte. Das ist die schwierige Gratwanderung, vor denen die demokratischen Parteien stehen.

DOMRADIO.DE: Jetzt sind Migrations- und Asylpolitik und Klimaschutz und Bewahrung der Schöpfung Themen, in denen die Kirche sich sehr engagiert. Was für eine Rolle haben diese Themen in Ihren Augen für den Ausgang der Wahl jetzt gespielt?

Belafi: Das sind natürlich ganz wichtige Themen, aber es sind nicht die einzigen Themen der Kirche. Wir haben, gerade auf landespolitischer Ebene, noch ganz andere Anliegen, die jetzt viel stärker im Mittelpunkt stehen werden, wenn es um Koalitionsverhandlungen geht.

Die Themen Migration und Klimaschutz zeigen, dass im Wahlkampf vor allem bundespolitische Themen sehr zentral waren. Migration war insofern ein wichtiges Thema, als dass Kommunen momentan überall den Druck signalisieren, unter dem sie stehen, vor allem in den Grenzregionen im Süden und Osten, was Bayern ja auch wiederspiegelt.

Beim Klimaschutz ist es so, dass es Debatten darüber gab, wie man jetzt gewisse Statistiken interpretieren muss. Ob Bayern besonders viel oder besonders wenig tut. Aber das ist am Ende überlagert worden vom Heizungsthema und von der Frage nach dem Atomausstieg.

DOMRADIO.DE: Sie sitzen im katholischen Büro an der Schnittstelle zwischen Kirche und Politik. Was kommt jetzt nach dieser Wahl auf Sie zu?

Belafi: Wir werden natürlich allen Abgeordneten zur Wahl gratulieren. Der Landtag konstituiert sich. Dazu wird es einen ökumenischen Gottesdienst geben. Das sind Dinge, die wir begleiten, wenn der Landtag neu gewählt ist. Und dann geht es natürlich noch um die Regierungsbildung. Da werden wir natürlich auch unsere Stimme mit einbringen und uns für bestimmte Themen stark machen. Dafür gibt es aber relativ wenig Zeit. Die Landesverfassung gibt vor, dass sich der Landtag innerhalb von 22 Tagen nach der Wahl konstituieren muss, das ist am 30. Oktober. Und insofern wird das alles relativ schnell vonstatten gehen.

DOMRADIO.DE: Wie schätzen Sie allgemein die Einflussmöglichkeiten der Kirche auf die politische Kultur in Bayern ein?

Matthias Belafi

"Das ist etwas, wo die Kirchen prägt, in den Grundlagen des menschlichen Miteinanders."

Belafi: Ich glaube, das darf man nicht überschätzen. Die politische Kultur wird von vielen anderen Dingen geprägt. Aber trotzdem ist das natürlich eine kulturelle Prägung von Menschen, die die Kirche vornimmt. Cem Özdemir hat gestern Abend im Fernsehen noch mal gesagt, wie sehr er im evangelischen Religionsunterricht gelernt hat, dass man fair miteinander umgeht. Das ist etwas, wo die Kirchen prägen in den Grundlagen des menschlichen Miteinanders. Die Kirche hat zudem wichtige inhaltliche Anliegen. Aber die Kirche muss vor allem auch schauen, dass sie den Laden zusammenhält.

Ich finde, die Kirche ist nun mal in einer besonderen Verantwortung, das Miteinander zu suchen und die Gesellschaft zusammenzuführen. Insofern ist es eine Aufgabe der Kirche, mit Blick auf die politische Kultur, ihre politischen Punkte auch so vorzubringen, dass sie nicht selbst immer zur gesellschaftlichen Spaltung beiträgt, sondern auch einen Beitrag dazu leistet, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken.

Das Interview führte Uta Vorbrodt.

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Auszählung der Landtagswahl / © Uwe Anspach (dpa)
Auszählung der Landtagswahl / © Uwe Anspach ( dpa )
Quelle:
DR