Landtagswahlen Mecklenburg-Vorpommern

Rechtsextremisten im zweistelligen Bereich?

Bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern am Sonntag befürchtet der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, ein zweistelliges Ergebnis für die rechtsextreme NPD. Der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" sagte er mit Blick auf Umfragen, die die NPD bei sieben Prozent zeigen: "Sie hat sogar die Chance, zweistellige Ergebnisse einzufahren." Ihre Wähler seien nach wie vor jene Menschen, die sich als Verlierer der Einheit fühlten.

 (DR)

Bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern am Sonntag befürchtet der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, ein zweistelliges Ergebnis für die rechtsextreme NPD. Der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse" sagte er mit Blick auf Umfragen, die die NPD bei sieben Prozent zeigen: "Sie hat sogar die Chance, zweistellige Ergebnisse einzufahren." Ihre Wähler seien nach wie vor jene Menschen, die sich als Verlierer der Einheit fühlten. Angela Merkel hofft auf eine hohe Wahlbeteiligung, die den Erfolg der Rechten schmälern könnte. Kirchen rufen zur Wahl auf und beziehen Stellung gegen die NPD. Im domradio-Interview beschreibt Stefan Koslik, Politikchef Schweriner Volkszeitung die Situation im Land. Er befürchtet schwerwiegende Image-Schäden für Mecklenburg-Vorpommern, wenn "die Baseballschläger" regierten.
Hohe Wahlbeteiligung würde NPD schaden
Merkel ruft die Bürger in Mecklenburg-Vorpommern eindringlich dazu auf, sich am Sonntag an der Landtagswahl zu beteiligen. Merkel sagte am Donnerstag vor dem Hintergrund eines möglichen starken Abschneidens der NPD: "Eine hohe Wahlbeteiligung schützt auch vor extremen Parteien". Deshalb appelliere sie an die Menschen, zur Wahl zu gehen und damit "die Zahl derer, die extrem wählen, klein werden zu lassen."
Der mögliche NPD-Einzug mobilisiert demokratische Parteien und Initiativen im Wahlkampf-Endspurt. Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) forderte zum Abschluss eines TV-Duells mit seinem CDU-Kontrahenten Jürgen Seidel noch einmal, mit dem Gang zur Wahl den Erfolg der NPD zu verhindern.

Kirchen rufen zur Wahl auf und beziehen Stellung gegen die NPD
Die katholischen und die evangelischen Bischöfe in Mecklenburg-Vorpommern haben in einer gemeinsamen Erklärung die Einwohner des Landes aufgerufen, sich an der Landtagswahl zu beteiligen. Sie warnen vor Kandidaten, die in "extremistischen und demokratiefeindlichen Strukturen agieren. Sie gehen auf Stimmenfang mit platten Parolen, unbezahlbaren Wahlgeschenken und überfordern die tatsächlichen Möglichkeiten der Politik. Ihnen gilt ein entschlossenes Nein."

Die Mecklenburgische und Pommersche Evangelische Kirche ruft die Bürger mit deutlichen Worten auf, zur Wahl zu gehen und nicht die NPD zu wählen: "Sprechen Sie mit Ihrem Metzger, Ihrer Fischfrau, Ihren Nachbarn oder Ihrem Busfahrer, daß sie zur Wahl gehen. Oder nehmen Sie jemanden mit. Am Sonntag wählen gehen ist ein Schritt gegen die Nazis in unserem Land. Die brauchen wir nun wirklich nicht in MV. Reden Sie darüber, sprechen Sie ihre Nachbarn an, Ihre Händler, Ihre Kinder. Tun Sie was - für uns alle."

Großte Teile Mecklenburg-Vorpommerns gehören zum Erzbistum Berlin, in dem am Sonntag auch gewählt wird.
Von den gut 1.7 Millionen Bürgern in Mecklenburg-Vorpommern sind 58.000 katholisch (3,4 Prozent) und 300.000 evangelisch (17,6 Prozent).

Glatzen halten Touristen fern
Der Tourismusverband fürchtet einen Imageschaden. Auch die Spitzen der Linkspartei.PDS riefen zu einer regen Wahlbeteiligung auf. Der DGB und die Vereinigung der Unternehmensverbände wollen sich dem Aufruf anschließen. Theaterleute in Neustrelitz setzen eine Sondervorstellung eines Anti-Hitler-Stücks an. "Laut gegen Rechts" soll es am Freitag bei einem Konzert in Schwerin zugehen. Dabei ist unter anderem die Band Silbermond.

Die NPD sieht sich wie üblich als Opfer von Verleumdungen und Lügen der "Systempresse". Auch mangels medialer Präsenz setzte sie in den vergangenen Monaten auf eine neue Strategie. Dadurch, dass sie auf Veranstaltungen der politischen Konkurrenz das Wort ergriffen, sorgten redegewandte, rhetorisch geschulte NPD-Anhänger mancherorts für Irritation und Hilflosigkeit bei Politikern der demokratischen Parteien. Vor der Wahl häuften sich zudem Klagen über Störungen von Wahlkampfveranstaltungen der SPD und Linkspartei durch NPD-Anhänger.

Rechte Angriffe werden immer mehr
Schon die Gegenwart von Rechten werde von unvorbereiteten Wahlkämpfern der demokratischen Parteien als bedrohlich empfunden, sagte Rechtsextremismus-Experte Günther Hoffmann aus Anklam. Diese Wahrnehmung habe aber nichts mit der täglichen Gewalt zu tun, der Migranten und linke Jugendliche in Mecklenburg-Vorpommern ausgesetzt seien, betonte Hoffmann. Das bestätigte Kay Bolick vom Opferhilfe-Verein LOBBI. Politiker zählten weder quantitativ noch qualitativ zu den Hauptbetroffenen rechter Gewalt, sagte er. Die von LOBBI erfasste Zahl rechter Angriffe war mit 49 Vorfällen im ersten Halbjahr 2006 bereits doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum.

Die Rechtsextremen hielten sich zwar vor allem aus Sorge um die Außenwirkung und die Angst vor Strafverfolgung zurück, sagte Clemens Zeise von der linken Kampagne "Keine Stimme den Nazis". Bei unterschiedlichsten Anlässen breche die Gewalt der Rechten jedoch immer wieder hervor. Im Wahlkampf habe "weder die rechte Gewalt abgenommen, noch habe sich der Ton der Neonazis gemäßigt».

"Sie wissen genau, wie weit sie gehen dürfen, um nicht mit den Gesetzen in Konflikt zu geraten und agieren hart am Rande der Legalität", beschrieb die SPD-Landtagsabgeordnete Margret Seemann ihre Erfahrungen aus unmittelbarer Konfrontation mit NPD-Leuten im Straßenwahlkampf in Westmecklenburg.

Die NPD-Wahlkampfzentrale will sich den schon sicher geglaubten Sieg nicht durch vermutete "Wahlfälscher" rauben lassen. Sie forderte die Anhängerschaft via Internet auf, bei den öffentlichen Stimmauszählungen in den Wahllokalen den Wahlhelfern argwöhnisch auf die Finger zu schauen. Dafür gibt sie konkrete Anweisungen.
(ddp,epd,dr)