Landessynode der rheinischen Landeskirche

Weichenstellung in Bad Neuenahr

In Bad Neuenahr stellt in dieser Woche die Evangelische Kirche im Rheinland die Weichen für ihre Zukunft. Zum Synodenauftakt warnte der Präses der zweitgrößten deutschen Landeskirche davor, Integration und religiösen Dialog als Gleichmacherei zu verstehen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck verteidigte die Rolle der Kirchen.

 (DR)

Sie seien mit der Vermittlung von Werten und der Übernahme sozialer Aufgaben eine unverzichtbare Stütze des Gemeinwesens, sagte Beck am Montag (10.01.2011) vor der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bad Neuenahr. Für diese Aufgaben müssten sie auch angemessen finanziell ausgestattet werden.



Er sehe nicht, dass die Leistungen der Kirchen für die Gesellschaft wie der Betrieb von Schulen allein aus Kirchensteuermitteln bewältigt werden könnten, betonte Beck vor dem Kirchenparlament. Wer öffentlich über eine Kürzung oder gar Streichung der staatlichen Mittel zur Unterstützung kirchlicher Arbeit nachdenke, wie dies in der FDP der Fall sei, müsse auch sagen, wie er diese Leistungen ersetzen wolle.



Beck hob hervor, christliche Überzeugungen gehörten zu den Grundlagen der deutschen Gesellschaft. Mit ihrem Wertegerüst gäben die Kirchen wertvolle Impulse in die Gesellschaft. Er bat die evangelische Kirche, sich weiter für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Nach der Wirtschafts- und Finanzkrise müsse ein Weg gefunden werden, der allen Teilhabe ermögliche, insbesondere Kindern aus benachteiligten Familien. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass Menschen von ihrer Arbeit leben könnten.



Präses Schneider: Integration ist nicht Gleichmacherei

Präses Nikolaus Schneider hatte zuvor davor gewarnt, Integration und religiösen Dialog als Gleichmacherei zu verstehen. Es gehe nicht darum, "eine Mischreligion für alle zu entwickeln", sagte der rheinische Präses und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Montag in seinem Jahresbericht vor der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Bad Neuenahr. Zuwanderer müssten sich aufgenommen fühlen können, ohne dass die Aufnehmenden ihre Wurzeln und Traditionen verleugnen.



Nötig sei dafür ein offenes Gespräch, das Schwierigkeiten nicht schönrede und Unterschiede nicht verschleiere, betonte der Theologe. So gäben christlicher und muslimischer Glaube unterschiedliche Antworten darauf, "was den Gotteshunger und den Lebenshunger der Menschen stillt". Der Rechts- und Werterahmen des Zusammenlebens in Deutschland müsse das Grundgesetz sein, das Ziel der Integration gleiche Rechte und Pflichten für alle.



Schneider äußerte Bedauern über eine wachsende Ablehnung gegenüber Muslimen. Von den Spitzenvertretern des Islam in Deutschland erwartet er gleichwohl, dass sie verstärkt für Integration und die vorbehaltlose Anerkennung der hiesigen Rechtsnormen werben. "Dazu gehört insbesondere die Achtung der Gleichberechtigung von Mann und Frau", sagte der Präses. Auch zur Verfolgung von Christen in islamischen Ländern wünsche er sich "vermehrt deutliche solidarische Stimmen muslimischer Theologen".



Das Jahr 2011 dürfe nicht zum Jahr der Christenverfolgungen werden, mahnte Schneider, der das Menschenrecht auf Religionsfreiheit in einigen Ländern Afrikas und Asiens bedroht sieht. Neben dem Irak und Ägypten, wo bei einem Anschlag auf koptische Christen in der Silvesternacht 23 Menschen getötet wurden, nannte Schneider Marokko, die Türkei, arabische Staaten, Indien, China und Nordkorea als Länder, in denen Christen bedrängt oder bedroht seien.



Zur Eröffnung ein Gottesdienst

Mit einem Gottesdienst hatte am Sonntag in Bad Neuenahr die diesjährige Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland begonnen. Das Kirchenparlament der 2,8 Millionen rheinischen Protestanten befasst sich bis Freitag unter anderem mit Finanzen und Personalplanung. Mit Spannung wird der Bericht von Präses Nikolaus Schneider am Montag erwartet, der an der Spitze der zweitgrößten deutschen Landeskirche steht.



Ein wichtiges Thema des Synodentreffens wird sein, wie angesichts sinkender Einnahmen und Mitgliederzahlen die Qualität der kirchlichen Arbeit gesichert werden kann. Weil es bislang keine Gesamt-Personalplanung für die 38 Kirchenkreise und 758 Gemeinden zwischen Niederrhein und Saar gibt, könnte Personalabbau mancherorts dazu führen, dass wichtige Arbeitsbereiche nicht mehr abgedeckt sind.



Ein heikles Thema ist auch die Umstellung auf das "Neue Kirchliche Finanzwesen" (NKF). Dieses Projekt zur Umstellung auf eine kaufmännische Buchführung wird mit rund 18,5 Millionen Euro dreimal so teuer wie ursprünglich veranschlagt. Gegner des Vorhabens haben für Montag Proteste am Rande der Synode angekündigt.



Die 219 Synodalen verabschieden außerdem bis Freitag den landeskirchlichen Haushalt und debattieren über Themen wie Konfirmandenunterricht und Seelsorge. Am Montag werden als Gäste der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister Guntram Schneider (beide SPD) sowie der saarländische Gesundheitsminister Georg Weisweiler (FDP) erwartet.