Land schaltet sich in Kampf um Hotel und Nazi-Pläne ein

Delmenhorst noch nicht k.o.

Das niedersächsische Innenministerium will gemeinsam mit der Stadt Delmenhorst die geplante Schenkung eines Hotels an eine rechtsextreme Stiftung juristisch genau prüfen. Es müsse geklärt werden, ob es sich um ein "Umgehungsgeschäft" handele, sagte ein Ministeriumssprecher.

 (DR)

Das niedersächsische Innenministerium will gemeinsam mit der Stadt Delmenhorst die geplante Schenkung eines Hotels an eine rechtsextreme Stiftung juristisch genau prüfen. Es müsse geklärt werden, ob es sich um ein "Umgehungsgeschäft" handele, sagte ein Ministeriumssprecher. Der Besitzer des "Hotels am Stadtpark" in Delmenhorst hatte angekündigt, die zurzeit leer stehende Immobilie einer rechtsextremen Stiftung zu übereignen, die von dem wegen Volksverhetzung verurteilten Anwalt Jürgen Rieger aus Hamburg vertreten.

Stadt wehrt sich gegen Nazi-Pläne
Rieger will dort ein Schulungszentrum für rechtsgerichtete Gruppen einrichten. "Wir können noch nicht abschließend beurteilen, wie hoch das Interesse Riegers wirklich ist", sagte Engemann. Ein Beamter sei im Ministerium derzeit ausschließlich mit der Angelegenheit in Delmenhorst beschäftigt.

Rieger hatte ursprünglich angekündigt, das Hotel für 3,4 Millionen Euro erwerben zu wollen. Dies hatte einen Sturm der Entrüstung in der 79.000-Einwohner-Stadt bei Bremen ausgelöst. Eine Bürgerinitiative und die Stadt Delmenhorst haben zu Spenden aufgerufen, um das Hotel selbst zu erwerben. Auf einem Treuhandkonto sind bisher mehr als 700.000 Euro eingegangen. Die Stadt erklärte das Gebiet um das Hotel zum Sanierungsgebiet und besitzt deshalb inzwischen ein Vorkaufsrecht. Um dieses zu umgehen, erwägt Mergel die Schenkung.

Protest-Kundgebung geplant
Letztlich könne der Rechtsstaat nicht in Privatgeschäfte hineinreden, sagte Engemann: "Wir können aber dazu beitragen, dass Rieger die Lust verliert." Dazu gehörten auch baurechtliche Auflagen. Das Ministerium werde das bürgerschaftliche Engagement gegen den Rechtsextremismus mit allen Mitteln unterstützen. Engemann verwies auf die Beispiele Dörverden bei Verden und Hameln, wo Rieger wegen der Bürgerproteste zwei seiner Immobilien kaum nutzen könne. In Dörverden hatte Rieger ein ehemaliges Bundeswehr-Gelände gekauft, in Hameln ein Kino.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kündigte für Mittwochabend eine Protest-Kundgebung gegen eine Übernahme des Hotels durch Rieger an. Unterdessen werden im Internet auf der Seite von Rechtsextremen mehr als 2.000 Gegner des Neonazi Zentrums mit Namen angeprangert und als "Volksverräter" beschimpft. Nach Angaben von Experten soll Rieger in den vergangenen sechs Jahren bereits mehr als 50 Immoblien gekauft haben, darunter auch Burgen und leere Supermarkthallen.

"Wo er Gebäude kauft, entwickeln sich rechte Keimzellen"
Die Rechtsextremismus-Expertin Andrea Roepke hat vor weiteren Immobilienkäufen des Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger gewarnt. Der Rechtsextremist, der ein Hotel in Delmenhorst bei Bremen erwerben will, habe in den vergangenen sechs Jahren bundesweit mehr als 50 Immobilien gekauft, so Roepke.Selbst wenn es der Delmenhorster Bürgerinitiative gelinge, noch vor Rieger das "Hotel am Stadtpark" zu kaufen, werde der rechte Funktionär weiter im Weser-Ems-Gebiet nach geeigneten Häusern suchen.

Rieger und seine Umgebung befinden sich Roepke zufolge politisch noch rechts von der NPD. "Wo er Gebäude kauft, entwickeln sich rechte Keimzellen", sagte sie. In Verden etwa habe sich der Stimmenanteil der NPD bei der letzten Wahl verzehnfacht.
(epd)

Hören Sie hier im domradio-Interview Hartmut Rosch, Mitorganisator der Spendenaktion, zur Ankündigung des Hoteliers, sein Hotel an den Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger zu verschenken: "Es wird weitergehen, sogar verstärkt. Unsere Gemeinschaft ist dadurch nur noch enger zusammengerückt."