Kurienpräfekt Ivan Dias wird 75 Jahre alt

"Roter Papst" aus Indien

Als langjähriger Vatikandiplomat kennt Kardinal Ivan Dias die Kurie so gut wie die Weltkirche. Er kennt aber auch die Nöte und Chancen in seinem Heimatland Indien, dessen größte Diözese Bombay (Mumbai) er von 1997 bis 2006 leitete.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Johannes Paul II mit Kardinal Ivan Dias (KNA)
Johannes Paul II mit Kardinal Ivan Dias / ( KNA )

Heute wird der Präfekt der vatikanischen Missionskongregation 75 Jahre alt. Es ist anzunehmen, dass Benedikt XVI. 2006 nicht von ungefähr ausgerechnet den profilierten Kurienkenner aus Bombay (Mumbai) mit der heiklen Aufgabe betraute. Als Präfekt der vatikanischen Missionskongregation übernahm Dias einen Schlüsselposten mit enormer Verantwortung. Er versieht ihn diskret und ohne Schlagzeilen. Dias ist äußerst zurückhaltend gegenüber den Medien. Obwohl sozial engagiert, agiert er auf politischem Parkett sehr vorsichtig. Das prädestiniert ihn geradezu für den Job als sogenannter "Roter Papst" - ist doch seine Kurienbehörde im barocken Palazzo di Propaganda Fide an der Piazza di Spagna für nicht weniger als ein Drittel aller Diözesen weltweit zuständig, inklusive der Finanzen.

Dias" Vorgänger machte Schlagzeilen mit undurchsichtigen Immobiliengeschäften
Dias" Vorgänger, der rührige Süditaliener Kardinal Crescenzio Sepe, geriet zuletzt arg in die Schlagzeilen: mit undurchsichtigen Immobiliengeschäften während seiner Amtszeit. Benedikt XVI. leitete hier schon kurz nach Beginn seines Pontifikates einen personellen Wandel ein. Und in der Tat reicht alles Gemunkel um die Kongregation in die Jahre vor Dias zurück.

Neuen Herausforderungen hat sich der Weltbürger Dias immer wieder gestellt. Für mehr als 20 Länder war der promovierte Kirchenrechtler seit 1965 zuständig, im Staatssekretariat oder als Nuntius. Neben Hindi spricht er Italienisch, Englisch, Spanisch und Französisch; in insgesamt 16 Sprachen soll er sich mitteilen können.

Zwischen Ghana und Albanien
In seinen zehn Jahren im vatikanischen Staatssekretariat, dem politischen Zentrum der Weltkirche, war er zwischen 1973 und 1982 für die Sowjetunion, für Polen, Bulgarien, für problematische asiatische Staaten wie China, Vietnam und Laos sowie für afrikanische Krisenländer in Süd- und Ostafrika zuständig. Nach seiner Bischofsweihe 1982 war er für fünf Jahre als Pronuntius in Ghana, Togo und Benin, dann bis 1996 als Nuntius erst in Korea, dann in Albanien tätig. Für die Bischofssynode 2001 berief ihn Papst Johannes Paul II. zu einem der drei Präsidenten. Beim Konklave 2005 zählte er eindeutig zu den "papabili".

Dias" Heimat Indien ist eine Region mit großem religiösem Konfliktpotenzial. Das gilt nicht nur für das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen, sondern vor allem auch für das zu den Hindu-Nationalisten. Dennoch ist der Einfluss der dortigen Minderheitskirche größer als der Anteil der rund 18 Millionen Katholiken an der Milliardenbevölkerung. Indien ist auch das Land mit den meisten Priesterberufungen weltweit.

Kardinal Dias zieht positive Bilanz in Indien
Nicht ohne Stolz weist der Kardinal darauf hin, dass die Kirche mit unter zwei Prozent Bevölkerungsanteil ein Fünftel der Schulbildung anbietet, dazu ein Viertel aller Programme für Witwen und Waisen und knapp ein Drittel der Versorgung von Lepra- und Aids-Kranken. Allein in der Erzdiözese Bombay gibt es 150 katholische Schulen mit 400.000 Schülern.

Dias, der seit 52 Jahren Priester und seit 2001 Kardinal ist, steht für theologisch traditionelle Positionen und einen wachen sozialen Blick - ein Gegenpart auch zu einer zur Vermischung der Religionen neigenden "indischen Theologie". Der Nationale Kirchenrat, ein wichtiges Gremium im multikonfessionellen Indien, schätzt an Dias sein "tiefes Verständnis für die Belange der Christen weltweit". Der Kardinal selbst sieht die Verfolgungssituation seiner Heimatkirche als "Vorboten einer großen Blütezeit".

Mit Dias führt erstmals ein Vertreter der sogenannten Dritten Welt die Kongregation zur Evangelisierung der Völker - einer der erfahrensten noch dazu. Gleichwohl ist zu erwarten, dass Benedikt XVI. schon bald einen Nachfolger benennen wird: Der an Diabetes leidende Dias ist gesundheitlich schwer angeschlagen. Dass er freilich mit seiner Arbeit keine Schlagzeilen macht, spricht angesichts der jüngsten Vergangenheit seiner Behörde eher für ihn.