Kunsttheoretiker Leon Battista Alberti starb vor 550 Jahren

Ein Universalmensch

Er war der erste der Neuzeit, der sich um Theorien der Architektur, Malerei und Skulptur bemühte: Leon Battista Alberti. Umfassend gebildet und breit interessiert, war der italienische Humanist seiner Zeit weit voraus.

Autor/in:
Silke Uertz
Kirche Santa Maria Novella in Florenz / © D.Bond (shutterstock)
Kirche Santa Maria Novella in Florenz / © D.Bond ( shutterstock )

Auf zu neuen Ufern: Den Blick auf die Antike gerichtet, steuerte die Renaissance der Neuzeit entgegen. Einer der Kapitäne war Leon Battista Alberti - ein wahrer "renaissance man", ein Allrounder. Der italienische Humanist, Kunsttheoretiker, Architekt, Literat und Mathematiker beherrschte mit seinen wegweisenden Abhandlungen zu Malerei, Architektur und Bildhauerei lange die Kunst des Abendlands. Wie Leonardo da Vinci (1452-1519) gilt er als "uomo universale", als gebildeter und unabhängiger Universalmensch. Vor 550 Jahren, am 25. April 1472, starb er in Rom.

Das Leben von Alberti

Er wurde als unehelicher Sohn eines aus seiner Heimat Florenz verbannten Patriziers am 14. Februar 1404 in der Seerepublik Genua geboren. In Padua besuchte er die Schule des italienischen Humanisten Gasparino Barzizza (um 1360 bis um 1431), studierte dort Physik- und Mathematik und sowie Kirchenrecht in Bologna. 1428, im Jahr seines Abschlusses, hob Papst Eugen IV. (1383-1447) die Verbannung der Familie auf.

1432 erhielt Alberti eine Stelle als hoher Beamter bei der römischen Kurie. Zwei Jahre später begleitete er den zur Flucht gezwungenen Papst nach Florenz. Am Arno pflegte er Freundschaften zu Künstlern wie dem Architekten Filippo Brunelleschi (1377-1446) und dem Bildhauer Lorenzo Ghiberti (um 1378-1455). Aus dieser Zeit stammt sein Malerei-Traktat. 1443 kehrte er mit dem Papst nach Rom zurück, arbeitete nach dessen Tod 1447 unter Nikolaus V. (1397-1455) an einer Architektur-Schrift und entwarf erste Bauten.

Vorbild vieler Bauten in Renaissance und Barock

In Mantua plante Alberti für den dortigen Markgrafen die Kirchen San Sebastiano und Sant'Andrea. Letztere diente als Vorbild vieler Bauten in Renaissance und Barock: Ihre Fassade gliederte er mit vier flachen Pilastern und einem das Portal umrahmenden Triumphbogen in der Mitte. Im Innern von Sant'Andrea ersetzte er die Seitenschiffe durch aneinandergereihte Kapellen. Die Grundsteinlegung des Gotteshauses am 12. Juni 1472 erlebte er nicht mehr: Er starb wenige Wochen zuvor, am 25. April 1472, in Rom.

Mamorfassade der Kirche Santa Maria Novella

Noch zu seinen Lebzeiten, 1470, wurde sein bekanntestes Bauwerk fertiggestellt: die dunkelgrün-weiße geometrische Marmorfassade der aus Giovanni Boccaccios (1313-1375) Novellensammlung "Il Decamerone" bekannten Kirche Santa Maria Novella in Florenz. Säulen rahmen das Portal ein, an den Seiten erheben sich große Pilaster. Darüber befindet sich ein Aufsatz mit einem mittigen Okulus, einem kreisrunden Fenster. Albertis Lösung, die Dächer der Seitenschiffe mit zwei Voluten, also spiralförmigen Schnecken, abzudecken und die Geschosse harmonisch zu verbinden, wurde vielfach nachgeahmt.

Schrift über Ansichten zur Architektur

Seine Ansichten zur Architektur hatte er in "De re aedificatoria", also "Über das Bauwesen", zwischen 1443-1452 festgehalten. Die Schrift orientiert sich an "De architectura" des römischen Architekten Vitruv und befasst sich mit der Planung von Städten und Gärten wie mit dem Bau von Kirchen und Villen. Für Alberti war das Ebenmaß das Maß aller Dinge, daher sollten alle Teile eines Gebäudes im Einklang von Anzahl, Beziehung und Anordnung errichtet werden.

Modernität in Albertis Denken

Die Modernität in Albertis Denkens zeigte sich schon vor der für Jahrhunderte bedeutenden Schrift zur Architekturtheorie - nämlich in "De pictura" von 1435. Das Traktat definiert Malerei als Mischung von Umriss, Komposition und Beleuchtung. Alberti setzte ein Bild einem offenen Fenster gleich, womit er das antike Verständnis vom "Fenster als Bild" umkehrte. Beim Inhalt war ihm die Wirkung wichtig, er sollte in Anlehnung an die antike Rhetorik bewegend, unterhaltend und belehrend sein.

Heilsgeschehen verbildlichen

Für Alberti unterstützt die Malerei die Religion, indem sie Heilsgeschehen verbildlicht. Das Ansehen des Malers wertete er auf: Als Gebildeter sah Alberti in ihm keinen Handwerker, sondern einen Künstler. Der "uomo universale" war beides und noch viel mehr. Sein mathematisches Denken half ihm bei seiner Schrift "De statua", die um 1435 entstand und sich um die Vermessung von Körpern und Statuen kümmert. Er selbst wurde auch an prominenter Stelle mit einer Standbild verewigt: an der Fassade der Uffizien in Florenz.

Quelle:
KNA