Kunsthistorikerin verteidigt Schweineherz-Foto in Kirche

Wie weit darf Kunst gehen?

Der Hochaltar der Innsbrucker Spitalskirche ist von einem Fastentuch verhüllt, es zeigt das Foto eines Schweineherzens. Im Innsbrucker Dom werden Waffen dargestellt. Die Aufregung ist groß. Wie weit darf Kunst in der Kirche gehen?

Symbolbild Altarkreuz vor einem Fastentuch / © Harald Oppitz (KNA)
Symbolbild Altarkreuz vor einem Fastentuch / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Das Schweineherz hat für viel Aufregung im Internet gesorgt. Was erregt die Gemüter?

Dr. Elisabeth Larcher (Kunsthistorikerin): Die Gläubigen regen sich in erster Linie darüber auf, dass es sich um das Herz eines Schweins handelt, obwohl das eigentlich für die Bildaussage gar nicht so wichtig ist. Es geht darum, die Herzensängste, Herzensverhärtungen darzustellen. Das ist anhand eines menschlichen Herzens mit einer analogen Fotografie nicht möglich.

Außerdem bietet es noch einen Aspekt: Es ist auch die gequälte Kreatur damit angesprochen, wobei gerade Schweine ganz besonders gequält werden. Und es kommt außerdem noch der positive Aspekt dazu, dass Schweineherzklappen Menschenleben retten. Aber das wird von diesen militanten Kritikern, muss ich schon sagen, gar nicht beachtet.

DOMRADIO.DE: Man stellt im Innsbrucker Dom auch Kalaschnikow-Gewehre aus. Was haben denn Waffen in der Kirche verloren? Wo ist denn da die Bedeutung?

Larcher: In diesem Projekt im Innsbrucker Dom handelt es sich um eine Installation des Wiener Künstlers Christian Altenberger, der ganz explizit auf die jetzige Situation in der Ukraine hinweist. Die Kalaschnikows sind Modelle aus Holz, es sind Attrappen. Sieben Meter hoch, geflämmt, wenn man sie anfasst, macht man sich die Hände schmutzig.

Die sind so zusammengestellt, wie man es öfter sieht, nämlich als Pyramide. An den einzelnen Kalaschnikows sind Bildschirme angebracht, die weitere Bezüge zu der Installation herstellen.

Innsbrucker Altstadt mit Spitalskirche / © Israel Hervas Bengochea (shutterstock)
Innsbrucker Altstadt mit Spitalskirche / © Israel Hervas Bengochea ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Auf einem Videoband läuft zum Beispiel ein Ausschnitt aus einem Totentanz, den dieser Künstler in einer anderen Innsbrucker Kirche auch als Fastentuch gestaltet hat. Auf einem anderen sieht man Weizenkörner ausgestreut, in der Form eines Gewehres. Und diese Weizenkörner werden von Hühnern aufgepickt. Das deutet wieder darauf hin, dass Nahrungsmittel auch als Waffe genutzt werden, um Länder auszuhungern. Das hat die Ukraine in stalinistischer Zeit selbst erlebt, wo Millionen Menschen gezielt durch den Entzug von Lebensmitteln verhungert sind. Die verschiedensten Aspekte werden in dieser Installation angesprochen. Ein hoffnungsvoller Aspekt kommt dann noch im dritten Video, in dem diese Gewehre verbrannt werden.

Dr. Elisabeth Larcher (Kunsthistorikerin)

"Für mich ist die Grenze, wenn es um Blasphemie geht."

DOMRADIO.DE: Wie weit darf denn Kunst in der Kirche überhaupt gehen? Wo ist denn da die Grenze?

Larcher: Für mich ist die Grenze erreicht, wenn es um Blasphemie geht, wenn andere Menschen zutiefst in ihrem religiösen Empfinden verletzt werden. Das ist natürlich ein Begriff, der sich dehnt, weil da die Erwartungen und die Leidensfähigkeit doch unterschiedlich sind.

In diesem Fall sehe ich überhaupt keine großen Probleme. Es gab Anfragen, warum Waffen in der Kirche ausgestellt sind. Unsere Argumente waren: Die sind überall in der Kirche zu sehen, in den Heiligendarstellungen mit ihren Marterinstrumenten.

Gleich zu Beginn steht der Heilige Sebastian, der mit Pfeilen durchbohrt wird, dann die Katharina mit dem Rad. Ein schreckliches Marterinstrument. Dann gibt es noch das Grabmal von Maximilian III., der vor Gott kniet, alle Zeichen der Würde abgelegt hat, aber nicht sein Schwert. Neben ihm steht der Heilige Georg mit Schwert und Lanze. Also Waffen sind in barocken Kirchen überall zu sehen. Und letztlich ist auch das Kreuz ein grauenhaftes Folterinstrument.

Das Interview führte Tim Helssen.

Fastenzeit

Die 40-tägige christliche Fastenzeit beginnt Aschermittwoch und endet am Gründonnerstag vor Ostern. Seit dem 5. Jahrhundert rückte während der Vorbereitung auf Ostern das Fasten in den Mittelpunkt. Da an Sonntagen nicht gefastet werden sollte und sie deshalb nicht als Fastentage gezählt werden, wurde der Beginn der Fastenzeit offenbar im sechsten oder siebten Jahrhundert vom sechsten Sonntag vor Ostern auf den vorhergehenden Mittwoch, den Aschermittwoch, vorverlegt.

Fastenzeit / © Tomasetti (DR)
Fastenzeit / © Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR