Die Birne einfach einmachen

Kumm man röwer, ick gew di 'ne Birn

Herbstzeit ist Erntezeit. Und viele freuen sich da vor allem über die leckeren erntefrischen Äpfel. Ein anderes Obst, dass genauso lecker und gesund ist, führt da ein bisschen ein Schattendasein: Die Birne. Ein Birnbaum erlangte aber große Berühmtheit.

Im Herbst beginnt die Erntezeit für Birnen / © Philipp Schulze (dpa)
Im Herbst beginnt die Erntezeit für Birnen / © Philipp Schulze ( dpa )

Der 20. Februar 1911, ein Montag, ein stürmischer Tag. An der Nordsee kommt es zu einer Sturmflut. Auch über den Osten Deutschlands fegt der Wind und in einem Dorf nahe Brandenburg stürzt ein alter Birnbaum um. Soweit nichts Dramatisches. Aber dieser Birnbaum hatte schon eine gewisse Bekanntheit. Er stand auf dem Grab eines Herrn Hans Georg von Ribbeck. Der Stumpf des Baumes wurde gerettet und in die Kirche gebracht. Überlebt hat so der Baum vor allem deshalb, weil ein deutscher Dichter, der ständig in der Mark Brandenburg unterwegs war, 22 Jahre zuvor in Betrachtung des Birnbaumes diese Verse niederschrieb:

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: "Junge, wist 'ne Beer?"
Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn."
So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.

So schreibt Theodor Fontane in seinem berühmten Gedicht vom Herrn von Ribbeck.

Die Birne ist ein uralter Begleiter menschlicher Kultur. Die Babylonier verehrten sie bereits. Hunderte von Sorten wurden im Laufe der Zeit gezüchtet. Aber: die Birne hat es in unseren Tagen nicht so leicht, der Apfel scheint irgendwie beliebter. Das hat auch seine Gründe: die Birne ist stärker frostgefährdet, weil sie früh blüht. Sie braucht zudem tiefgründigen Boden. Und all die lieben Nachbarn mit ihren immergrünen Wacholdern ärgern die Birne, denn vom Wacholder nebenan kommt alljährlich der Birnengitterrost herüber, ein Pilz der die Birnenblätter befällt. Und dennoch, die Birne hat eine Chance verdient.

Zuckerwasser drüber, fertig

Die Gute Luise, die Butterbirne, die Forellenbirne, Alexander Lukas – sie alle sind gesund. Hildegard von Bingen lobte schon die Birne, auch wenn sie schwer verdaulich sei. In unserer Zeit sind ganze Generationen zur Winterszeit mit eingemachten Birnen groß geworden. Die Methode ist einfach: Birnen schälen, vierteln, in Einmachgläser füllen, Zuckerwasser drüber und einkochen. Köstlich sind so die Birnen als Nachtisch oder im Müsli oder auch als „Birne Helene“ mit Vanilleeis und heißer Schokoladensauce.

Jaques Offenbachs Operette „Die schöne Helena“ die Namensgeberin für die „Birne Helene“, wurde 1864 in Paris uraufgeführt, Theodor Fontane schrieb sein Gedicht vom Herrn Ribbeck 1889. Es war damals also eine Zeit, in der die Birne noch tatsächlich verehrt wurde wie einst in Babylonien. Verdient hat sie es.

... Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?"
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew di 'ne Birn."
So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

Übrigens: seit 2000 wächst wieder ein Birnbaum auf dem Grab des Herrn von Ribbeck. Und den Stumpf des alten Baumes von damals kann man noch immer bestaunen. (St.Q.)