DOMRADIO.DE: Wie haben Sie das Thema "Star Wars" für einen Gottesdienst umgesetzt?
Uta Heine (Pastorin der KulturKirche in Wolfsburg): Wir haben eine Folkband eingeladen der Musikschule Clover, die den Soundtrack, also die Filmmusik gespielt hat. Wir haben Interviews mit einem Konfirmandenvater geführt und mit einem Konfirmanden, Niklas, 12 Jahre. Wir hatten Menschen mit Kostümen, auch ich hatte ein Kostüm an. Wir hatten ein Fürbittengebet mit Yoda-Zitaten. Wir haben den Trailer gezeigt und hinterher den Film in voller Länge: Episode 6, die Rückkehr der Jedi-Ritter.
DOMRADIO.DE: Welche theologischen oder biblischen Anknüpfungspunkte gibt es zur Star Wars-Saga?
Heine: Es gibt ganz viele theologische Anknüpfungspunkte. Wir haben den Schwerpunkt Vater-Sohn-Konflikt ausgewählt, aber natürlich auch über die Macht gesprochen. Was ist das eigentlich? Die Retterfigur kam zur Sprache, Anakin Skywalker, später dann Luke. Die Frage nach dem Leben und dem Tod, das sind alles Anknüpfungspunkte. Auch die Frage der Weisheit zum Beispiel, Yoda ist eine Weisheitsfigur. Das haben wir alles aufgegriffen, aber den größten Schwerpunkt gesetzt beim Vater-Sohn-Krieg.
DOMRADIO.DE: Skywalker ist ja auch der Auserwählte?
Heine: Ganz genau. Es geht schon damit los, dass Anakin Skywalker von Propheten angekündigt ist, von einer Jungfrau geboren. Man sieht die Anknüpfungspunkte an die Jesusfigur, an den biblischen Jesus. Da gibt es im ganzen Epos viele Beispiele.
Das ist kein Wunder, weil der Regisseur, der Erfinder dieses Epos, sich an der Heldenreise des Kulturanthropologens Joseph Campbell orientiert mit seiner Heldenreise und den zwölf Merkmalen einer spirituellen Entwicklung. Das hat er aufgenommen und erfolgreich umgesetzt.
DOMRADIO.DE: Die KulturKirche hat auch schon andere Gottesdienste gefeiert zu Bob Dylan oder Johnny Cash, zu den Tributen von Panem oder auch Literaturgottesdiensten organisiert. Welchen Zweck verfolgen Sie mit solchen Formaten? Wen wollen Sie damit ansprechen?
Heine: Wir sprechen ganz unterschiedliche Menschen an, Menschen aller Altersgruppen. Jetzt haben wir mit diesem Gottesdienst Jüngere, aber auch Star Wars-Fans angesprochen mit dem Konfirmandenvater. Wir machen aber auch "Eierlikör-Tage" für ältere Menschen zum Thema "Wie kann man älter werden?" Oder: "Heinrich Heine und der Himmel" und "Jenseits von Eden".
Unsere KulturKirche hat drei Schwerpunkte. Zum einen die besonderen Kulturgottesdienste, die wir oft machen und die zu unserem Profil gehören. Aber auch Konzerte und Kunstprojekte. Das ist der rote Faden, der sich durch unsere Gemeindearbeit durchzieht. Wir sind eine klassische Kirchengemeinde, aber haben uns vor zwölf Jahren entschieden, Profilgemeinde zu werden, weil unser Standort am Schloss in Wolfsburg ist. Da ist die städtische Galerie, das städtische Museum und das Schlossmuseum, da kooperieren wir.
DOMRADIO.DE: Ist es nicht auch Effekthascherei? Biedert sich Kirche an, statt ernsthafte geistliche Orientierung zu geben?
Heine: Bestimmt ist das auch so. Manche sagen: warum macht ihr immer mal wieder andere Glaubensbekenntnisse? Wir experimentieren mit dem Glauben. Ich lasse Konfirmanden Glaubensbekenntnisse schreiben, die wir dann auch sprechen. Oder wir entwickeln etwas in einem Glaubensgesprächskreis, was wir dann im Gottesdienst vorstellen. Wir versuchen, neue Wege zu gehen, auch um die Tradition lebendig zu halten.
Lebendig haltende Tradition heißt nicht einfach, dass wir sie so verfolgen, wie sie vor 2000 Jahren war, sondern dass wir versuchen einen Spannungsbogen aufzumachen und uns auseinanderzusetzen. Auch kritisch auseinandersetzen, um unsere eigenen Worte zu finden, unseren eigenen Glauben zu formulieren und immer wieder Anknüpfungspunkte zu finden. Auch für Menschen, die meinen, sie haben mit Glaube oder Kirche nichts zu tun. Ihnen wollen wir sagen: Es gibt mehr Anknüpfungspunkte als du vielleicht denkst.
DOMRADIO.DE: Wer in Ihrem Star-Wars-Gottesdienst war, findet einen gewöhnlichen, normalen Gottesdienst möglicherweise eher langweilig und will nur noch solche Action-Gottesdienste haben. Besteht die Gefahr, dass Besucher nur noch zu solchen Events kommen?
Heine: Ich sehe das nicht so, weil wir auch noch eine ganz normale Kirchengemeinde sind, mit ganz normalen Gottesdiensten zu den kirchlichen Feiertagen etc. Aber wir haben uns eben für dieses Profil entschieden. Es gibt noch 20 andere Kirchengemeinden, die am Sonntagmorgen um 10 Uhr Gottesdienste anbieten. Wir machen nun im Sommer einen Paradiesgarten, wir haben einen tollen Park hinter der Kirche, den wir nutzen. Wir haben versucht, da eine Tür zu öffnen.
Das Interview führte Tobias Fricke.