Künftiger Glaubenspräfekt fordert eine Theologie des Dialogs

Aber keine Entstellung durch Verweltlichung

Der künftige Chef der Glaubensbehörde im Vatikan hat weiter seine Theologie erklärt. Erzbischof Victor Fernandez fordert, die Schönheit des Glaubens besser zu zeigen – ohne ihn zu entstellen. Außerdem zitiert er Papst Benedikt XVI.

Victor Manuel Fernandez / © Romano Siciliani (KNA)
Victor Manuel Fernandez / © Romano Siciliani ( KNA )

Das vatikaneigene Portal "Vatican News" veröffentlichte das Interview mit dem argentinischen Erzbischof Victor Fernandez am Samstag in mehreren Sprachen, darunter auch auf Deutsch.

Theologie des Reifens und des Dialogs

In dem Interview erläuterte Fernandez, warum Papst Franziskus seine Ernennung zum künftigen Präfekten der Glaubensbehörde am 1. Juli mit einem veröffentlichten persönlichen Schreiben begleitete, was sonst nie geschieht.

"Der Brief soll den Sinn meiner Sendung klären", sagte Fernandez. Franziskus rufe "zu einer Theologie auf, die reift, die wächst, die sich im Dialog zwischen Theologen und im Gespräch mit Wissenschaft und Gesellschaft vertieft."

Schönheit des Glaubens unentstellt zeigen

Der Brief von Franziskus verdeutliche, dass dies im Dienst der Verkündigung der Botschaft geschehe. Und "die Tatsache, dass er einen Theologen zum Präfekten ernennt, der auch einmal Pfarrer war, bekräftigt das".

Papst Franziskus und Erzbischof Victor Manuel Fernandez / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus und Erzbischof Victor Manuel Fernandez / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Auf die Frage, wie die Kirche den Glauben in einer zunehmend säkularisierten Gesellschaft verkünden könne, sagte Fernandez: "Indem man immer versucht, seine ganze Schönheit und Anziehungskraft besser zu zeigen, ohne ihn dadurch zu entstellen, dass man ihn mit weltlichen Kriterien vermengt... Ohne den Dialog mit der Kultur laufen wir Gefahr, dass unsere Botschaft, so schön sie auch sein mag, irrelevant wird."

Begegnung mit einem Ereignis als Anfang

Ausführlich bestätigte Fernandez in dem Interview einen Gedanken des vor einem halben Jahr im Ruhestand verstorbenen Papst Benedikt XVI.

Dieser schrieb 2005 in seiner Enzyklika "Deus carita est": "Am Anfang des Christseins steht nicht ein ethischer Entschluss oder eine große Idee, sondern die Begegnung mit einem Ereignis, mit einer Person, die unserem Leben einen neuen Horizont und damit seine entscheidende Richtung gibt."

Argumentieren allein genügt nicht

Dazu bemerkte Fernandez: "Keine religiöse Lehre hat jemals die Welt verändert, wenn es nicht ein Glaubensereignis gab, eine Begegnung, die dem Leben eine neue Richtung zu geben vermochte! (...) Ohne die Erfahrung des lebendigen Christus, der liebt und rettet, können wir unser Christsein nicht leben, und alles Argumentieren und Streiten trägt nichts dazu bei, dass diese Entwicklung in den Menschen heranreift. Diese Aussage von Benedikt XVI. lädt uns ein, eine solide und fundierte Theologie zu entwickeln, die klar auf den Dienst an diesem Ereignis ausgerichtet ist."

Die wichtigsten Leitlinien des Denkens von Joseph Ratzinger

Benedikt XVI. war der erste Papst der Neuzeit, der freiwillig sein Amt abgab. Dabei berief er sich auf sein Gewissen - obwohl er dieser Instanz stets misstraute und theologisch ganz andere Schwerpunkte setzte. Wie wohl kein Papst vor ihm ist Benedikt XVI. auch auf dem Stuhl Petri ein Theologe geblieben.

Bereits als junger Wissenschaftler gehörte er zu den führenden deutschen Dogmatik-Professoren, die das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) prägten. Später entfremdete er sich immer mehr von seinen Kollegen.

Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Papst em. Benedikt XVI. am Schreibtisch / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA