Kritik an der Militärregierung in Ägypten

Das Misstrauen wächst

Es waren die schwersten Ausschreitungen seit dem Sturz des Mubarak-Regimes in Ägypten. Mindestens 24 Menschen kamen am Sonntagabend bei Unruhen in Kairo ums Leben, rund 200 wurden verletzt. Das Misstrauen gegen die Militärregierung wächst.

Autor/in:
Julia Gerlach
 (DR)

Bei heftigen Unruhen starben Sonntagabend in Kairo mindestens 24 Menschen. 200 wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums verletzt. Immer wieder ist es seit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak zu blutigen Ausschreitungen gekommen. Immer laufen sie nach einem ähnlichen Muster ab.



Auch am Sonntag begann es mit einer friedlichen Großdemonstration. Mehrere Zehntausend, die meisten davon Christen, marschierten durch die Straßen von Kairo, um ihrer Empörung über den Angriff auf eine Kirche in der Provinz Assuan Ausdruck zu verleihen. Die Kirche war zuvor von wütenden Muslimen angegriffen worden. Die Stimmung war durch den Gouverneur von Assuan angeheizt worden, der andeutete, die Kirche habe keine Genehmigung und sei daher illegal.



"Nieder, Nieder mit Feldmarschall Tantawi!

Dementsprechend richtete sich der Zorn der christlichen Demonstranten nicht nur gegen radikale Muslime. Es wurden auch Bilder des Gouverneurs von Assuan verbrannt. Der Ruf "Nieder, Nieder mit Feldmarschall Tantawi!", hallte durch die Straßen. Mohammed Hussein Tantawi führt seit Mubaraks Sturz im Februar die Militärregierung.



Augenzeugen berichten, die Demonstranten seien plötzlich von bewaffneten Schlägern angegriffen worden. Steine und Molotow-Cocktails wurden geworfen. Zugleich soll sich die Militärpolizei nicht schützend vor die christlichen Demonstranten gestellt haben. Das jedenfalls erklärte das koptische Jugendbündnis, das die Proteste organisiert hat. Stattdessen eröffnete die Militärpolizei das Feuer. Militärfahrzeuge sollen in die Masse der Protestierenden hineingefahren sein.



Bei Unruhen dieser Art hieß es in der Vergangenheit, bezahlte Schläger hätten im Auftrag der gestürzten Regierung die Gewalt angeheizt, um einen Keil zwischen Christen und Muslime zu treiben und zugleich Misstrauen zwischen Volk und Armee zu säen. Nach Augenzeugenberichten ist es wohl auch diesmal so gewesen.



Und die Rolle der Armee?

Allerdings fragen viele, welche Rolle die Armee spielt, ob nicht die Militärregierung doch in erster Linie die Politik der gestürzten Regierung weiterführt und statt der versprochenen Demokratie eine neue Militärdiktatur anstrebt. Die Unruhen der vergangenen Nacht haben dieses Misstrauen an der neuen Regierung weiter wachsen lassen. Besonders, weil die Militärpolizei auch Journalisten und Fernsehbüros angriff, um sie an der Berichterstattung zu hindern.



Montagvormittag berief Premier Essam Scharaf eine Krisensitzung des Kabinetts ein. Christen fordern von der Regierung besseren Schutz ihrer Kirchen und Wohnungen. Zudem steht eine Reform des Gesetzes zur Errichtung von Gotteshäusern an, das den legalen Bau von Kirchen bisher fast unmöglich machte. Christen machen schätzungsweise zehn Prozent der Bevölkerung Ägyptens aus.