Kritik an Bischöfin Käßmanns Fahrt unter Alkoholeinfluss

"Schlimmer Fehler"

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, ist mit 1,54 Promille Alkohol im Blut in ihrem Dienstwagen von der Polizei gestoppt worden. Ein Ermittlungsverfahren gegen die Bischöfin ist eingeleitet worden. Käßmann will sich den rechtlichen Konsequenzen stellen. Die Reaktionen in der Öffentlichkeit fallen unterschiedlich aus.

 (DR)

Das bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Jürgen Lendeckel, am Dienstag dem epd nach einer Blutuntersuchung. Das Messergebnis könne einen schriftlichen Strafbefehl und eine Geldstrafe von einem Monatsgehalt nach sich ziehen, sagte Lendeckel. Zudem könne der hannoverschen Landesbischöfin für zehn bis zwölf Monate der Führerschein entzogen werden. Käßmann (51) war am späten Samstagabend in Hannover von Streifenbeamten angehalten worden, nachdem sie mit ihrem Dienstwagen, einem VW Phaeton, eine rote Ampel überfahren hatte.

"Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe", erklärte Käßmann. Ihr sei bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer sei. "Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen", kündigte die oberste Repräsentantin von 25 Millionen Protestanten in Deutschland an. Käßmann war Ende Oktober 2009 zur EKD-Ratsvorsitzenden gewählt worden.

Reaktionen prominenter Protestanten
Die Reaktionen auf die Alkoholfahrt von Bischöfin Käßmann fallen unterschiedlich aus. Gegenüber der «Leipziger Volkszeitung» hob der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer den Stress hervor, der mit Käßmanns Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) verbunden sei. Der Vorsitzende der konservativen Konferenz Bekennender Gemeinschaften, der Hamburger Pastor Ulrich Rüß, sprach in der Zeitung von einem Super-Gau, der Konsequenzen haben müsse. Käßmann hatte am vergangenen Samstag eine rote Ampel überfahren und wies bei einer Polizeikontrolle 1,54 Promille Alkohol im Blut auf.

Schorlemmer bezeichnete ihr Verhalten als «Blackout, der leider immer wieder Leuten passiert, die in öffentlichen Ämtern unter Dauerstress stehen». Auch Käßmann stehe in ihrem Amt unter einer enormen Spannung, die sich mit Alkohol abbauen lasse. «Die Häme, die es jetzt geben wird, ist schlimmer als der Strafbefehl», betonte der Theologe. Zugleich bezeichnete er die Alkoholfahrt als Verfehlung, die nicht einfach zu rechtfertigen sei. Daher sei es gut, dass Käßmann zu ihrem Fehler stehe.

Rüß erklärte, nach der Kritik der EKD-Ratsvorsitzenden am Einsatz in Afghanistan hätten viele ihrer Kritiker nun einen dankbaren Vorwand für eine Kirchenschelte. «Das tut mir ausdrücklich leid, denn diese Häme ist unangebracht», so der Vorsitzende der evangelischen Vereinigung.

Öffentlichkeit entsetzt - Rücktritt gefordert
Auf der Internetseite der Evangelischen Kirche in Deutschland überwiegen die negativen Leserkommentare deutlich: "Rücktritt vom Ratsvorsitz und von ihrem Bischofsamt ist das Mindeste!" heißt es dort, oder "Einen Rücktritt von Frau Käßmann halte ich auch, so sehr ich sie schätze, für unvermeidlich. So sehr ich sie für ihre Offenheit und Klarheit bewundere, hier kann es keine andere Möglichkeit geben."

In der Minderheit befinden sich die Kommentare, die die Bischöfin in Schutz nehmen: "Ich bin sehr froh, mit der Bischöfin endlich mal einen normalen Menschen zu erleben, die dennoch, auf beruflicher Ebene Kompetenz  und überhaupt Interesse für ihre "Schäfchen" da zeigt, wo es nötig ist.  Jeder macht mal Fehler, nur im Verstecken sind nicht immer alle gut."