Krippenbauer Marx stellt NS-Widerstandkämpfer in Milieukrippe aus

"Seine Figur soll wachrütteln"

In der Kölner Kirche Sankt Maria in Lyskirchen wird wieder die Milieukrippe aufgebaut. Dieses Jahr ist dort auch der NS-Widerstandskämpfer Nikolaus Groß zu sehen. Krippenbauer Benjamin Marx will mit ihm ein politisches Zeichen setzen.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Milieukrippe in St. Maria Lyskirchen: der Journalist und Widerstandskämpfer Nikolaus Groß im Dialog mit Ulrich Zell, dem ersten Buchdrucker von Köln / © Benjamin Marx (privat)
Milieukrippe in St. Maria Lyskirchen: der Journalist und Widerstandskämpfer Nikolaus Groß im Dialog mit Ulrich Zell, dem ersten Buchdrucker von Köln / © Benjamin Marx ( privat )

DOMRADIO.DE: Milieukrippe, was bedeutet das eigentlich?

Benjamin Marx (Krippenbauer): Das Wort Milieu kommt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie "Mitte", oder "Umgebung". In der Milieukrippe, die vom ersten Advent bis Februar aufgebaut ist, steht der Begriff für den Schauplatz der Weihnachtsgeschichte. 

In der Milieukrippe wird die Menschwerdung Jesu von der Verkündigung durch den Engel Gabriel bis hin zur Darstellung des Herrn in einer entsprechenden Umgebungen mit orts- und umgebungsbezogenen Persönlichkeiten dargestellt. Dadurch wird vermittelt, dass Weihnachten unmittelbar etwas mit mir selbst zu tun hat. In der Darstellung wird alles gleichzeitig: Die Erzählung von der Geburt Christi wird mit Personen der Geschichte und des Ortes, wo die Krippe steht, konfrontiert.

Milieukrippe in St. Maria Lyskirchen / © Benjamin Marx (privat)
Milieukrippe in St. Maria Lyskirchen / © Benjamin Marx ( privat )

DOMRADIO.DE: Sie wollen also das Weihnachtsgeschehen ins Hier und Jetzt holen. Wie genau gehen Sie das an? 

Marx: Politische und aktuelle Themen werden über Symbole, kurze Texte oder auf andere kreative Weise jährlich wechselnd aufgegriffen. Es wird erlebbar, dass Weihnachten kein Geschehen in der Vergangenheit ist und sich die Fleischwerdung des Wortes in unseren Herzen vollzieht. Die Darstellungen wechseln wöchentlich, von Anfang Advent bis zum Fest Darstellung des Herrn. Sie vermitteln Erzählungen der Heilsgeschichte und klopfen sie gleichzeitig auf die Relevanz für die Gegenwart ab. Als betrachtende Person stehe ich nicht außen vor. Ich bin nicht zuschauend, sondern ich bin ein Teil einer Bewegung von Menschen, die sich aufmachen.

DOMRADIO.DE: Warum haben Sie in diesem Jahr Nikolaus Groß in die Krippe geholt? 

Marx: In diesem Jahr hat sich der 80. Tag gejährt, an dem Nikolaus Groß hingerichtet wurde. Er war Journalist der Westdeutschen Arbeiterzeitung, eine Zeitung der KAB. Und er mahnte schon in 1930: 

"Wir lehnen als katholische Arbeiter den Nationalsozialismus nicht nur aus politischen und wirtschaftlichen Gründen, sondern auch aus unseren religiösen und kulturellen Haltungen entschieden und eindeutig ab." 

1933 war es dann ausgerechnet ein katholischer Politiker, Prälat Ludwig Kaas, der dem Ermächtigungsgesetz die Mehrheit verschaffte. Kaas war so gutgläubig, dass er sich für eine Zustimmung für das Ermächtigungsgesetz in seiner Fraktion und Partei einsetzte, weil er den Versprechen der Nationalsozialisten glaubte. Aber keines der Versprechen der Nationalsozialisten ist eingetreten. Und als Vorsitzender der Zentrumspartei hat er sich im April 1933, ohne die Partei zu informieren, in den Vatikan abgesetzt. 

Benjamin Marx

"Die Figur von Nikolaus Groß soll wachrütteln, gerade in der heutigen Zeit, wenn es um aktuelle politische Fehlentwicklungen geht"

DOMRADIO.DE: Nikolaus Groß hingegen ist für seine Überzeugung in den Tod gegangen. Warum ist seine Botschaft gerade heute so wichtig?

Marx: Die Figur von Nikolaus Groß soll daran erinnern, wie der Widerstand gegen rechtsextremes Gedankengut und Nationalsozialismus vor mehr als 80 Jahren aussah. Damals prallten Menschen mit einer klaren Erkenntnis an einer angeblich ahnungslosen Gesellschaft ab. Und ihre Warnungen mussten sie schließlich mit dem Tod bezahlen. Nikolaus Groß war Christ, Familienvater, Gewerkschafter, Analytiker der Zeitgeschichte, Widerstandskämpfer und NS-Opfer. Seine Figur soll wachrütteln, gerade in der heutigen Zeit, wenn es um aktuelle politische Fehlentwicklungen geht. 

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Quelle:
DR

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