Kongress im Vatikan bemüht sich um differenzierte Antworten

Kein absolutes Nein zur Sterbehilfe

Bei kaum einem Thema stehen sich Gegner und Befürworter so erbittert gegenüber wie bei der Sterbehilfe. Immer wieder sorgen einzelne spektakuläre Fälle für internationales Aufsehen. Die Haltung der katholischen Kirche zum Thema Sterbehilfe lässt sich indes nicht auf ein klares Nein gegenüber jeglicher Form von Sterbehilfe reduzieren

 (DR)

Die Frau starb 2005 nach 15 Jahren im Wachkoma nach einem erbitterten Streit zwischen ihrem Ehemann und ihren Eltern über die Fortsetzung der künstlichen Ernährung. Ein am Dienstag im Vatikan zu Ende gegangener internationaler Kongress bemühte sich, differenzierte Antworten auf Fragen im Umgang mit Kranken im Endstadium zu geben.

Papst Benedikt XVI. bekräftigte bei einer Audienz für die Kongressteilnehmer zwar seine uneingeschränkte Ablehnung aktiver Sterbehilfe. Gemäß einer seit der Renaissance in der Theologie bestehenden Unterscheidung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Behandlungsmethoden forderte er Ärzte aber auf, Therapien nach dem Kriterium der "medizinischen Verhältnismäßigkeit" auszuwählen. Maßnahmen, die das Leben von Patienten im Endstadium künstlich verlängern, lehnt das katholische Lehramt seit langem ab. Dies wurde in der öffentlichen Diskussion um Sterbehilfe bisher kaum wahrgenommen.

Der Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben, der italienische Bischof Elio Sgreccia, appellierte zwar vor allem an Ärzte und Seelsorger, ihren Patienten zu einer Bejahung ihres Leidens zu verhelfen. Die Akademie hatte den Kongress ausgerichtet.

"Recht zu sterben"
Der deutsche Verfassungsrechtler Wolfram Höfling erinnerte im Gegenzug aber daran, dass das "Recht zu sterben" im EU-Recht verankert ist. Patienten seien auf dieser Basis in der Lage, eine medizinische Behandlung unter Inkaufnahme des eigenen Todes abzulehnen. Die Anerkennung eines solchen "Rechts zu sterben" entwerte das Leben nicht, betonte Höfling, der Vorstandsmitglied der Deutschen Hospiz Stiftung ist.

Während Theologen nach dem Umgang mit Leiden in der Bibel fragten und dieses als positiven Wert in der Nachfolge von Jesus Christus darstellten, gab der kanadische Mediziner William Sulivan praktische Antworten. Der Geriatrie-Spezialist aus Toronto betonte die Rolle medizinischer Information für Patienten und ihre mit den behandelnden Ärzten geteilte Verantwortung.

Lebensverlängernde Maßnahmen vorzuenthalten, zu entziehen oder zu verweigern, sei vom moralischen Standpunkt aus nicht mit Entscheidungen für Suizid oder Euthanasie gleichzusetzen, hieß es. In diesem Zusammenhang betonte der Moraltheologe Maurizio Calipari von der Päpstlichen Akademie für das Leben, neue medizinische Behandlungsmöglichkeiten könnten neben einer Verbesserung des Gesundheitszustands auch eine Verschlimmerung des persönlichen Leidens herbeiführen.

Von Bettina Gabbe (epd)