Konferenz zur Finanzierung der Entwicklungshilfe in Sevilla beendet

Einigung bei 42 Grad

Die vierte Konferenz der Vereinten Nationen zur Entwicklungsfinanzierung fand bei extremen Temperaturen in Sevilla statt. Schon am ersten Tag des viertägigen Treffens wurde ein Kompromiss erzielt. Aber ohne die Beteiligung der USA.

Autor/in:
Maximilian Seidel
Plaza de Espana in Sevilla / © RomanSlavik.com (shutterstock)
Plaza de Espana in Sevilla / © RomanSlavik.com ( shutterstock )

46 Grad - Wetterrekord in Spanien. 42 Grad im Schatten in Sevilla. Klimaanlagen kämpfen gegen die Hitze an; sie sollen die Delegierten der Entwicklungsfinanzierungskonferenz vor dem Hitzeschlag schützen. 

"Die Pflicht zum Tragen von Krawatte und Jackett ist für die verbleibenden Konferenztage aufgehoben", lassen die spanischen Gastgeber per Eilmeldung verlauten. Die 15.000 Teilnehmenden aus aller Welt besprechen bis Donnerstag Themen, die eng mit der Hitze zusammenhängen: Entwicklungsfinanzierung, Kampf gegen den Klimawandel, schrumpfende Investitionen und steigende Schulden.

Während der vier Verhandlungstage zeigen die Vertreter aus 192 Staaten, dass sie trotz schwieriger Wetter- und Weltlage zusammenarbeiten können. Schon am Montag nimmt die Konferenz einstimmig den "Compromiso de Sevilla" an, einen 40 Seiten umfassenden Plan für nachhaltige Entwicklung und internationale Zusammenarbeit.

Kompromiss als Erfolg

Klaus Schilder / © N.N. (MISEREOR)

Im Fokus steht die drohende Schuldenkrise im Globalen Süden. "Eine Studie von uns zeigt, dass 75 Staaten weltweit hoch oder sehr hoch verschuldet sind", erläutert der Finanzexperte des Hilfswerks Misereor, Klaus Schilder, die Lage. "Viele dieser Länder bezahlen bereits jetzt mehr Geld in Zinszahlungen, als sie für Gesundheit oder Bildung aufwenden können."

Das "Versprechen von Sevilla" soll den armen Ländern helfen, eigene Finanzierungsmittel zu finden. Dies will die Staatengemeinschaft durch effizientere Steuersysteme, Investitionen aus der Privatwirtschaft und billigere Kredite bei Entwicklungsbanken erreichen. Außerdem sollen langfristig Institutionen wie die Weltbankgruppe und der Internationale Währungsfonds so reformiert werden, dass diese stärker bei der Entwicklungsfinanzierung helfen. Die Geberstaaten bekräftigen zugleich ihr Ziel, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben und die Mittel der Entwicklungsbanken stark zu erhöhen.

Rückzug der USA

Misereor-Experte Schilder findet das Konferenzergebnis trotzdem unzureichend. Das "Versprechen von Sevilla" hält er unter dem Strich betrachtet für "sehr enttäuschend". Es fehlten Mittel für die Umsetzung der Entwicklungsziele und der Menschenrechte. Unzureichend ist der Beschluss auch aus einem anderen Grund. 

Zwar stimmen 192 Länder dem "Kompromiss von Sevilla" zu, darunter auch China und Russland, nicht aber die USA. Wörter wie "Klimawandel", "Geschlechtergerechtigkeit" oder "Rassismus" hatte US-Präsident Donald Trump im Februar in allen offiziellen Dokumenten verboten. Der Rest der Weltgemeinschaft war nicht bereit, dies auch im "Compromiso" zu streichen.

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, hält am 30.06.2025 eine Rede im Rahmen des viertägigen UN-Treffens zur Entwicklungsfinanzierung im spanischen Sevilla, Andalusien. / © Francisco J. Olmo/EUROPA PRESS (dpa)
Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, hält am 30.06.2025 eine Rede im Rahmen des viertägigen UN-Treffens zur Entwicklungsfinanzierung im spanischen Sevilla, Andalusien. / © Francisco J. Olmo/EUROPA PRESS ( dpa )

Bereits in einer Vorkonferenz stiegen die USA aus dem Prozess aus und waren in Sevilla nicht vertreten. Beobachtern zufolge vereinfachte dies den Abstimmungsprozess und ermöglichte einen Konsens direkt am ersten Tag. Gegen Ende der Konferenz machte allerdings die Nachricht die Runde, dass die US-Regierung die Entwicklungsbehörde USAid auflöst. Der größte Geldgeber der Entwicklungshilfe fällt damit aus. Das dürfte den finanziellen Druck auf Staaten in Asien, Lateinamerika und Afrika noch einmal erhöhen.

Zukunft der UN-Entwicklungsziele

Am letzten Konferenztag sanken die Temperaturen etwas; bei 37 Grad machen sich die Delegationen auf den Weg in ihre Heimatländer. Hitzewellen wie in Sevilla werden durch den Klimawandel nach Ansicht von Wissenschaftlern künftig verstärkt auftreten. Mit 17 Entwicklungszielen wollen die Vereinten Nationen bis 2030 das Leben aller Menschen verbessern und damit auch den Klimawandel bekämpfen. Jetzt hat die Weltgemeinschaft noch fünf Jahre, um die "Agenda 2030" umzusetzen. Ein Drittel der Ziele kann sehr wahrscheinlich gar nicht mehr erreicht werden. 

Trotzdem, fordert Misereor-Vertreter Schilder, sollten die Ziele nicht abgeschrieben werden. Das halte er wichtig auch mit Blick auf die politische Bedeutung, die hinter diesen Zielen stecke. Die Kirche kämpft seit langem unter anderem für eine Schuldenerlass für die ärmeren Staaten und eine Stärkung der Entwicklungsbanken. Das liegt durchaus auf der Linie dessen, was die Staatengemeinschaft jetzt in Sevilla verhandelt hat.

Bischöfliches Hilfswerk Misereor

Misereor ist das weltweit größte kirchliche Entwicklungshilfswerk. Es wurde 1958 von den katholischen Bischöfen in Deutschland auf Vorschlag des damaligen Kölner Kardinals Josef Frings als Aktion gegen Hunger und Krankheit in der Welt gegründet.

Der Name bezieht sich auf das im Markus-Evangelium überlieferte Jesuswort "Misereor super turbam" (Ich erbarme mich des Volkes). Sitz des Hilfswerks ist Aachen.

Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo des Bischöflichen Hilfswerks Misereor in einem Schaufenster / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA