Konferenz für Rückkehrer aus Freiwilligendienst

Der umgedrehte Kulturschock

Als käme man mit Vollgas in einer Garage plötzlich zum Stehen... Freiwillige, die eine Reihe von Monaten in der Entwicklungshilfe tätig waren, fragen sich bei der Rückkehr in die Heimat fast irritiert, wie es weitergehen soll. "Was nun?" lautet der Titel einer Potsdamer Konferenz, die jungen Menschen eine Plattform zum Austausch dieser Erfahrung bieten will.

Autor/in:
Julia Grimminger
 (DR)

Das bislang erste Treffen unter Gleichgesinnten dauert bis Samstag. Daniela Abels ist eine von ihnen. Einen "Rucksack an Erfahrungen" habe sie aus Tansania mit nach Deutschland geschleppt, erzählt sie. Die 25-Jährige war neun Monate lang Missionarin auf Zeit. Sie brachte Kindern Englisch bei, verkaufte Medikamente und arbeitete in einer Kantine. Über vieles, erinnert sie sich, konnte sie nach ihrer Rückkehr zunächst nicht sprechen. Der "umgekehrte Kulturschock" sei schlimmer gewesen als die Eingewöhnung in das afrikanische Leben. Bei Familie und Freunden stieß sie häufig auf Unverständnis: "Menschen, die diese Erfahrung nicht gemacht haben, können dir nur bis zu einem bestimmten Punkt folgen."

Rund 150 junge Menschen tauschen auf der malerischen Halbinsel Hermannswerder ihre Erfahrungen aus. Am Schilfufer diskutieren sie über Teambildung, Mikrokredite oder Fundraising. Sie hören Vorträge über Kapitalismus, verantwortungsbewussten Konsum und soziales Engagement. Am Rande bleibt viel Zeit zum Kennenlernen. Der persönlich Austausch, sagt Organisator Christian Wienberg, sei dabei allerdings nur ein Aspekt des Ganzen. Vielmehr gehe es auch darum, "Kompetenzen zu erwerben".

Werkzeug an die Hand
So plant beispielsweise Akilnathan Logeswaran einen Verein zur Unterstützung indischer Kinder. Ein Jahr lang unterrichtete der Münchner im Süden Indiens. Seit Samstag ist er wieder zurück, aber "seine" Kinder sind in Gedanken und Träumen noch immer sehr präsent. Die Konferenz schule ihn nun und gebe ihm Ideen und "Werkzeug an die Hand", sagt er. Bald beginnt der 20-Jährige ein BWL-Studium. Danach will er aber auf jeden Fall irgendwann "was Soziales machen".

Die Möglichkeiten innerhalb der Entsendeorganisationen seien begrenzt, erklärt Wienberg den Hintergrund für die Konferenz. Deshalb spielt es eine Rolle, dass so viele Teilnehmer wie möglich zu einer solchen Konferenz kämen. Die Grundidee sei, über die einzelnen Organisationen hinaus "etwas Gemeinsames zu schaffen". Ein Engagement, das auch Schirmherr Ulrich Wickert würdigt: Die Gesellschaft lebe durch solches Engagement und gegenseitige Verantwortungsübernahme, erklärt der Journalist in einem Grußwort.

Für Donnerstag und diesen Freitag organisierte Wienberg mit seinem 22-köpfigen Team einen "Markt der Möglichkeiten". Ähnlich wie bei einer Jobmesse stellen rund 30 Organisationen ihre Arbeit vor. Nicht um Produkte, sondern um Engagement soll gefeilscht werden, sagt der Physikstudent mit einem Augenzwinkern.

Konferenz von Freiwilligen für Freiwillige
Es ist eine Konferenz von Freiwilligen für Freiwillige. Wienberg freut sich darüber, dass bislang alle Teilnehmer hinter dem Konzept des vom Entwicklungsministerium geförderten Treffens stehen. So gebe es keine Fragen darüber, warum man manche Dinge so und nicht anders mache. Für 2010 soll es eine weitere Konferenz geben - sicher ist das aber noch nicht.

Daniela Abels wäre gerne wieder mit dabei, als Mitstreiterin im Organisationsteam trägt sie schon das allen gemeinsame grellgrüne T-Shirt. Langfristig sieht sich die Studentin der katholischen Theologie im Sozialen. Das Afrika-Jahr habe ihr gezeigt, dass die Entwicklungshilfe ein Bereich ist, in dem sie sich "sehr gut vorstellen kann zu arbeiten".