Kompromiss in Kiew

Ukrainischer Regierungschef Asarow tritt zurück

Nach wochenlangen Protesten der ukrainischen Opposition gegen die prorussische Politik der Ex-Sowjetrepublik nimmt Regierungschef Asarow nun seinen Hut. Der Schritt gilt als Kompromiss - und als bisher größtes Zugeständnis an die Regierungsgegner.

Nikolai Asarow in Kiew (dpa)
Nikolai Asarow in Kiew / ( dpa )

Im ukrainischen Machtkampf hat Regierungschef Nikolai Asarow nach wochenlangem Druck der proeuropäischen Opposition seinen Rücktritt eingereicht. Er wolle mit seinem freiwilligen Abgang helfen, einen Ausweg aus der schweren Krise des Landes zu finden, sagte der 66-Jährige am Dienstag nach Angaben seines Pressedienstes in Kiew. Asarows Rücktritt gehört zu den Minimalforderungen der proeuropäischen Opposition um den Politiker und Boxchampion Vitali Klitschko. Mit Asarow trat die gesamte Regierung zurück.

"Mit dem Ziel, zusätzliche Möglichkeiten für einen gesellschaftlich- politischen Kompromiss zu schaffen, für die friedliche Beilegung des Konflikts, habe ich die persönliche Entscheidung getroffen, den Präsidenten der Ukraine zu bitten, meinen Rücktritt vom Amt des Regierungschefs der Ukraine anzunehmen", zitierte der Pressedienst Asarow.

Nachfolger bisher nicht bekannt

Er kam damit einer Sondersitzung des Parlaments in Kiew zuvor, bei der die Abgeordneten über einen neuen Misstrauensantrag gegen die Regierung entscheiden sollten. Asarow hatte das Amt seit vier Jahren inne - und zuletzt zwei Misstrauensanträge der Opposition überstanden.

Ein Nachfolger für das Amt des Ministerpräsidenten wurde zunächst nicht genannt. Die proeuropäische Opposition hielt sich mit Kommentaren zurück - er wolle erst die Entlassungsurkunde sehen, sagte der Oppositionspolitiker und frühere Außenminister Arseni Jazenjuk. Der Fraktionschef der Vaterlandspartei der inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko hatte am Wochenende ein Angebot der Machtführung, die Regierung zu leiten, abgelehnt.

"Konflikt gefährdet die gesamte Gesellschaft"

Asarow begründete seine Entscheidung auch mit der zunehmend schwierigen Lage in der Ex-Sowjetrepublik. "Die Konfliktsituation, die sich im Land eingestellt hat, bedroht die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Ukraine und gefährdet die gesamte ukrainische Gesellschaft und jeden Bürger", hieß es in seinem Schreiben.

Die Proteste der Opposition hatten sich im November entzündet, nachdem Präsident Viktor Janukowitsch auf Druck Russlands ein bereits fertig ausgehandeltes Abkommen über eine engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Union nicht unterzeichnet hatte. Klitschko und Jazenjuk hatten der ukrainischen Regierung vorgeworfen, den Menschen eine mögliche Zukunft in der EU vorzuenthalten.

Angebot an die Opposition

Als die ukrainische Führung Mitte Januar zusätzlich noch in Russland angewandte und international kritisierte Gesetze zur Einschränkung demokratischer Freiheiten ohne Debatte im Parlament übernommen hatte, schlugen die Proteste in Gewalt gegen die Regierung um. Die EU, die USA und Russland hatten die zerstrittenen Parteien aufgefordert, auf dem Verhandlungsweg eine friedliche Lösung zu finden. Die Regierung in Kiew hatte sich zuletzt auch bereiterklärt, die umstrittenen repressiven Gesetze wieder aufzuheben.

Außerdem gibt es nach den gewaltsamen Protesten ein Angebot an die Opposition, die Inhaftierten im Zuge einer Amnestie freizulassen und strafrechtlich nicht weiter zu verfolgen. Allerdings fordert die Regierung im Gegenzug die Räumung der in Kiew sowie anderen Städten des Landes besetzten Straßen und öffentlichen Gebäude.


Quelle:
dpa