König Wenzel der Faule - ein überforderter Herrscher

Schwieriger Charakter in schweren Zeiten

Man liest nur selten Gutes über diesen Monarchen. Knapp 25 Jahre, von 1376 bis 1400, war Wenzel IV. König der Deutschen. Doch die meiste Zeit davon beschäftigte er sich mit seinen Jagdhunden. Eines der Tiere soll gar seine erste Frau, Johanna von Bayern, zerfleischt haben. Heute vor 650 Jahren wurde Wenzel geboren.

Autor/in:
Joachim Heinz
 (DR)

Der aus dem Geschlecht der Luxemburger stammende Wenzel galt als schwerer Alkoholiker - was bei einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Karl VI. zu einem öffentlichen Eklat führte. Auf solche Entgleisungen freilich deutete zu Beginn von Wenzels Herrschaft wenig hin.



Mangelndes Engagement war dem jungen König nicht vorzuwerfen. Im Reich versuchte er sich an einer territorialen Neuordnung, die aber an Widerständen aus Städten und Ritterschaft, letztere angeführt von dem württembergischen Grafen Eberhard, genannt "der Greiner", scheiterte. Erfolgreicher schien Wenzel in seinen böhmischen Kernlanden vorzugehen. Dort sorgte er für Sicherheit und Ordnung und förderte die von seinem Vater 1348 errichtete Universität in Prag, eine der ersten Hochschulgründungen nördlich der Alpen.



Wechselnde Päpste und Gegenpäpste

Die eigentliche Herausforderung lauerte allerdings jenseits der Reichsgrenzen. Die nach dem Tod von Papst Gregor XI. 1378 zutage tretende Kirchenspaltung war zunächst ein italienisch-französischer Interessenkonflikt, in dem es um den Einfluss auf die erst kurz zuvor aus dem französischen Avignon nach Rom zurückgekehrte Kirchenleitung ging. Doch schnell zog das "Große Abendländische Schisma" auch das Reich in Mitleidenschaft. Wechselnden Päpste und Gegenpäpste führten zu unterschiedlichen Bündnissen der Mächtigen in Deutschland und stellten das Verhältnis zwischen König und Eliten vor ernste Zerreißproben. Erst wenige Jahre vor Wenzels Tod 1419 zeichnete sich auf dem Konzil von Konstanz (1414-1418) eine Lösung ab.



Zu den politischen Wirren an der Spitze des Reichs gesellten sich soziale Verwerfungen an der Basis. Im 14. Jahrhundert häuften sich Temperaturstürze, Missernten und Hungerkatastrophen. Ein Jahrzehnt vor Wenzels Geburt hatte zudem der "Schwarze Tod" eine Schneise der Verwüstung durch Europa geschlagen. Über 25 Millionen Todesopfer soll die erste große Pestepidemie gefordert haben, fast ein Drittel der Bevölkerung auf dem Kontinent. Viele Zeitgenossen deuteten die Ereignisse als Gottesgericht, neue Formen radikaler Frömmigkeit breiteten sich aus.



Berühmtes Verbrechen

Dieses Phänomen liegt möglicherweise auch dem berühmtesten Verbrechen Wenzels zugrunde, das sich in der Nacht zum 20. März 1393 ereignete. Anlass waren zunehmende Streitigkeiten zwischen dem sinnesfreudigen König und dem überraschend von der Pest genesenen Prager Erzbischof Johann von Jenstein, der nach seiner wundersamen Heilung zu einem strengen Asketen mutierte. Wohl um ein Exempel zu statuieren, nahm Wenzel einige Domkapitulare gefangen, unter ihnen Johannes von Nepomuk.



Das weitere Schicksal des späteren Heiligen schilderte Jenstein mit eindrücklichen Worten: "Nachdem man ihm die Seiten so schwer verbrannt hatte, dass er auch ohne den gewaltsamen Tod hätte sterben müssen, wurde der ehrwürdige Doktor Johannes, mein geistlicher Vikar, in aller Öffentlichkeit durch die Straßen und Gassen der Stadt zur Moldau geschleppt und dort, die Hände auf den Rücken gebunden, die Füße mit dem Kopf wie ein Rad verknüpft und den Mund mit einem Holzpflock auseinandergespreizt, von der Prager Brücke hinabgestürzt und ertränkt."



Dem Treiben des von vielen gehassten Herrschers, der sich nie ernsthaft um die Kaiserkrone des Reichs bemüht hatte, setzte der Mainzer Kurfürst und Erzbischof Johann von Nassau-Wiesbaden-Idstein im Verein mit Anderen im Jahr 1400 ein Ende. Seine Gegner bezeichneten Wenzel als "eynen unnüczen, versümelichen, unachtbaren entgleder und unwerdigen hanthaber des heiligen Romischen richs" und setzten ihn ab. In die Geschichte eingegangen ist der "unnütze und träge Entgliederer" des Reichs mit dem wenig schmeichelhaften Beinamen "der Faule".