Kölner Pfarrer Meurer plädiert für kirchliche Veränderung

"Die Kirche lebt subsidiär von unten her"

Der Kölner Pfarrer Franz Meurer hat im Wallfahrtsort Stromberg in einem Gottesdienst auch über Veränderung und Glauben gepredigt. In der Kirche wünscht er sich Veränderungen nicht nur im Blick auf Weiheämter für Frauen.

Franz Meurer / © Smilla Dankert (Erzbistum Köln Presse)

DOMRADIO.DE: Sie haben hier bei der Wallfahrt einen Gottesdienst gefeiert und gepredigt. In der Predigt haben Sie gesagt: Glaube ist immer auch Veränderung. Jetzt hat sich gestern der Münchner Erzbischof Reinhard Kardinal Marx für das Frauendiakonat ausgesprochen und gesagt: Die Zeit ist reif. Wie sieht das denn der Kölner Pfarrer Franz Meurer, der vor Ort immer das Ohr an der Basis hat?

Franz Meurer (Pfarrer in Köln-Höhenberg und Köln-Vingst): Ich berufe mich da auf Kardinal Hollerich. Der ist ja Generalrelator der Weltsynode und er hat zu der Schwester Phillippa Rath gesagt, sie werde noch zu ihren Lebzeiten erleben, dass Frauen in den Ämtern sind. Nur ist sie leider ein bisschen jünger als ich. Also kann es sein, dass ich dann schon tot bin. Aber dann bin ich ja im ewigen Leben und kriege das von da aus mit.

DOMRADIO.DE: Wie ist denn Ihre ganz persönliche Meinung dazu?

Meurer: Meine persönliche Meinung ist ganz einfach: Es geht nicht mehr anders. Man kann absolut nicht mehr vermitteln, dass Frauen ausgeschlossen werden. Wir haben acht Katechetinnen bei der Firmung, zwei Ärztinnen, Lehrerinnen und so weiter. Und für die ist völlig klar: Wenn sich nichts verändert, sind die weg. Auch im Pfarrgemeinderat ist eine junge Frau, die hat ein Erasmus-Stipendium gerade gekriegt, die hat gesagt: Ich mache noch so lange mit, wie ich Hoffnung habe, dass auch wir Frauen vollberechtigt in der Kirche wahrgenommen werden.

DOMRADIO.DE: Betrifft das letztendlich dann auch die Priesterweihe?

Meurer: Ja, natürlich, weil im Moment wäre ohne die Frauen sowieso alles schon vorbei. Dann gäbe es die Gemeinden gar nicht. Und meine Meinung ist ja: Die Kirche lebt subsidiär von unten her. Es gibt gerade ein neues Buch, 480 Seiten über Subsidiarität, dass die auch innerhalb der Kirche gelebt werden muss. Subsidiarität heißt ja zunächst mal: Alles, was die Leute vor Ort selber können, muss man denen überlassen. Und wenn sich vor Ort rausstellt, die Leistungsträgerinnen der Kirche sind die Frauen, dann ist das auch eine klare Aussage für den Glauben der vielen.

DOMRADIO.DE: Sie sind ja nicht nur die einsame Stimme Franz Meurer in Köln-Vingst, sondern Sie sind auch in mehreren Beratungen tätig, in mehreren Räten im Erzbistum Köln. Wie ist denn dort die Stimmung? Was rät man dort dem Kardinal, der diese Beratungsgremien wünscht?

Meurer: Im Diözesanrat gibt es ja eine eindeutige Sicht – so ähnlich wie bei mir. Ich habe jetzt übrigens aufgehört. Ich bin nun 70, man muss mit Sachen aufhören, um mit anderen weitermachen zu können. Das ist ein ganz wichtiges Prinzip, was ja auch für Veränderungen gilt. Zum Beispiel hier: Klar, die meisten, die hier waren, waren ältere Menschen. Aber so eine Wallfahrt muss auch sein. Auf der anderen Seite haben wir gerade unsere Kinderstadt HöVi-Land. Da sind wieder 80 junge Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter. Wir haben auch ein Projekt seit acht Jahren, das wir extra noch gar nicht in die Medien gegeben haben.

Wir haben 16 Studentinnen und Studenten unentgeltlich wohnen, die dafür sechs Stunden Soziales jede Woche machen. Natürlich ist das ökumenisch. Ich kenne die gar nicht. Ich sorge nur für das Geld für die Mieten. Das heißt, was das Bistum gemacht hat, nämlich Studentenheime zu verkaufen, da machen wir die Gegenentwicklung, dass wir die Leute reinholen. Soziologisch ist klar: Wenn irgendwo Studenten wohnen, verändert sich das Viertel. Das weiß man in der Stadtsoziologie. Das müssen wir als Christen wahrnehmen.

Und die Art und Weise, deswegen haben wir ja auch acht Jahre mit der Veröffentlichung gewartet, wie die sich binden, ist geradezu unglaublich. Wir haben eine christliche Wohngemeinschaft. Da ist zum Beispiel die deutsche Weinprinzessin, die fünf Sprachen fließend spricht und dem NATO-Generalsekretär Stoltenberg eine halbe Stunde lang auf Englisch erklärt hat, was Friedensethik ist. Ich habe mir das angeguckt im Internet: unglaublich. Das heißt, es gibt überhaupt gar keinen Grund zum Verzweifeln. Gucken wir nur mal auf die Benediktinerinnen in Raderberg, die jetzt ein neues Kloster aufmachen. Wir müssen nur kapieren, was ja schon Einstein gesagt hat: Man kann nicht neue Probleme mit den alten Methoden lösen.

Das Interview führte Ingo Brüggenjürgen.

Diakon/Diakonat

Das Diakonen-Amt ist eines der ältesten der Kirche und steht zunächst für soziale Verantwortung. Der Begriff Diakon leitet sich vom griechischen Wort "diakonos" ab und bedeutet Diener oder Helfer. In der römischen Kirche der ersten Jahrhunderte wirkten Diakone in der Armen- und Krankenpflege oder als Gehilfen des Bischofs in der Gemeindeverwaltung und beim Gottesdienst.

Eine Diakonstola / © Harald Oppitz (KNA)
Eine Diakonstola / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR