Kölner Katholikenausschuss schreibt Herdenbrief

Ein Gegenvorschlag

Erst verfasste der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki einen Hirtenbrief an die Gemeinde - nun antwortet diese mit einem Herdenbrief. Ein nicht alltäglicher Akt, den die Vorsitzende des Katholikenausschusses im Interview erklärt.

Gläubige im Gebet / © Harald Oppitz (KNA)
Gläubige im Gebet / © Harald Oppitz ( KNA )

domradio.de: Sie schreiben in diesem Brief, dass die katholische Kirche vor einem Umbruch steht und es Gemeinden in der Form, wie wir sie kennen, bald nicht mehr geben wird und wir uns darauf einstellen müssen. Was fordern Sie da vom Kardinal?

Hannelore Bartscherer (Vorsitzende des Katholikenausschusses der Stadt Köln): Der Kardinal hat ja zunächst einmal uns um etwas gebeten. Er hat in seinem Hirtenbrief im Erzbistum zu Mithilfe aufgerufen - zu Mitdenken und Sich-Aufmachen, um neue Wege zu suchen, wie Kirche im Erzbistum Köln in Zukunft leben kann. Es soll geprüft werden, wie die frohe Botschaft zu den Menschen kommt, die sich vielleicht über eine längere Zeit entfernt haben und diese Botschaft nicht mehr hören. Und es geht darum, wie die Kirche vor Ort als Ortskirche um einen Kirchturm herum oder um Menschen herum weiter lebendig bleibt und es trotzdem in dieser veränderten Situation einen Aufbruch gibt, den wir brauchen.

domradio.de: Das große Problem, das diskutiert wird, liegt darin, dass die Gemeinden immer größer werden. Sie sagen aber, in den einzelnen Ortsgemeinden muss trotzdem weiter Gemeindeleben existieren. Sie wünschen sich dafür zum Beispiel das Engagement von Ehrenamtlichen, oder?

Bartscherer: Das ist richtig, beziehungsweise wir wünschen es auch von anderen hauptamtlichen Kräften. Wir sagen, dass das Problem dieser großen Seelsorgeeinheiten eigentlich nicht in ihrer Größe liegt. Das ist ja eine Chance. Da können Dinge getan werden, die kleine Kirchengemeinden nicht leisten können, wie beispielsweise Ehevorbereitungen.

Was wir aber sehr wohl sehen und was uns sehr wichtig ist, ist, dass die kleinen Einheiten unter dem großen Dach einer großen Seelsorgeeinheit nicht einfach eingehen. Wir haben Gemeinden, in denen seit Hunderten von Jahren gebetet wird, wo Menschen sich regelmäßig treffen. Die Herde, die sich jetzt da trifft, ist vielleicht nicht mehr ganz so groß wie früher. Sie fühlt sich aber an diesem Ort als Gemeinde verortet und zuhause. Diese Gemeinde möchte auch diese Gemeinschaft vor Ort leben. Dieses im Kleinen unter einem großen Dach zu ermöglichen, geben wir zunächst einmal zu bedenken. Jeder braucht auch jemanden, der dafür zuständig ist. Ich will nicht von einer großen Leitung, aber von Zuständigkeit sprechen. Das möchten wir an dieser Stelle thematisieren.

An der Kirche XY muss es einen Menschen geben - und das muss nicht zwingend der leitende Pfarrer sein -, der für diesen Ort zuständig ist. Da gibt es einen Namen, ein Gesicht, eine Kompetenz und ein Mandat, von dem die Gemeinde weiß. Wenn man dann zu Herrn Müller oder Frau Schmitz als dieser Mandatsperson kommt, dann kann diese Person an der Stelle auch diesen Moment aufgreifen und sagen, man nehme die Anregung und Kümmernisse ernst, man könne Ratschläge geben und helfen, sowie Gottesdienstzeiten vereinbaren. Darum geht es uns, dass eine Frau oder ein Mann hauptamtlich oder vielleicht auch ehrenamtlich diese Leitungsfunktion übernimmt.

domradio.de: Dann greife ich Ihr Beispiel auf und spinne es weiter. Ich wohne also in einer Gemeinde XY und gehe zu diesem Herrn Müller oder Frau Schmitz und sage, ich hätte das Problem, dass in unserer Gemeinde jetzt nicht mehr jede Woche Gottesdienst gefeiert wird. Was soll mir Herr Müller dazu sagen?

Bartscherer: Er würde vielleicht antworten, ob man nicht zusammen überlegen kann, diesen Gottesdienst jede Woche gemeinsam auf die Beine zu stellen. Beispielsweise als Wort-Gottes-Feier ohne Priester. Man kann gemeinsam überlegen, ob der Gottesdienst mit oder ohne Kommunionausteilung und mit oder ohne Beteiligung anderer Personen aus der Gemeinde stattfinden kann. Vielleicht gibt es ja in der Gemeinde eine Frauengemeinschaft oder einen Kreis, der Kommunionskinder auf die Erstkommunion vorbereitet oder eine Jugendgruppe.

Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, ist das wunderbar. Dann kann man schauen, ob man sich gemeinsam auf den Weg machen kann und ein Gottesdienstangebot bekommt. Diese Initiative darf nicht verpuffen.

domradio.de: Den Brief haben Sie an den Kardinal geschrieben. Erwarten Sie eine Antwort?

Bartscherer: Ja, und die Antwort ist schon avisiert. Wir haben eine Eingangsbestätigung bekommen mit der Zusage, dass unser Kardinal sich melden wird. Wir sind gespannt und freuen uns darauf.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Hannelore Bartscherer (DR)
Hannelore Bartscherer / ( DR )

Rainer Maria Kardinal Woelki / © Arne Dedert (dpa)
Rainer Maria Kardinal Woelki / © Arne Dedert ( dpa )
Quelle:
DR