Kölner Jobcenter hilft Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt

"Arbeit ist der Schlüssel für alles"

Ohne Arbeit kein Geld, ohne Geld keine Wohnung, ohne dem keine Perspektive - gegen diesen Teufelskreis für Flüchtlinge kämpft das Projekt "Bleiberecht am Rhein" vom Jobcenter Köln.

Autor/in:
Julia Rathcke
Asgahr Djafari ist Teilnehmer des Projekts "Bleiberecht am Rhein" / © Julia Rathcke (KNA)
Asgahr Djafari ist Teilnehmer des Projekts "Bleiberecht am Rhein" / © Julia Rathcke ( KNA )

Er konnte nicht zurück. In dieser Sommernacht 2010, mitten in den Bergen, irgendwo zwischen Iran und Türkei. Die Schlepper trieben rund hundert Menschen schon einige Stunden vor sich her, alle mit dem gleichen Ziel: Europa. Einige wollten umkehren, Schwangere, Ältere, Schwache - doch die Schlepper prügelten sie weiter. Ihre Wege dürfen nicht verraten werden. Asghar Djafari war damals 16, alleine und hielt durch. Heute sitzt er im Jobcenter Köln, als Vorzeigebeispiel des Projekts "Chance plus - Bleiberecht am Rhein", das Zuwanderern und Geflüchteten in den Arbeitsmarkt hilft.

Es war sein Glück, dass Djafari damals bei seinem Deutschkurs den Flyer vom Jobcenter in die Hand gedrückt bekam, dass er die Flüchtlingsberater der Caritas Köln kennenlernte, die ihn zum Realschulabschluss ermutigten und an den Ausbilder vermittelten. Aber es war sein Mut, seine Disziplin und sein eigener Verdienst, dass er die Ausbildung bekam, dass er nun fließend Deutsch spricht, hier Freunde und Perspektiven hat.

Teufelkreis beginnt mit Sprachschwierigkeiten

"Ich war beeindruckt von seinem Lebenslauf", sagt Boris Wisotzky, der Chef eines Kölner Familienunternehmens für Industrieprodukte ist und Djafari seit August 2014 zum Maschinenführer ausbildet. Ein 16-Jähriger, der auf eigene Faust den Kontinent für eine bessere Zukunft wechselt, der wird das auch wirklich wollen, dachte er.

Wisotzky arbeitet eng mit dem Jobcenter zusammen, beschäftigt viele Migranten. "Arbeit ist der Schlüssel für alles", sagt er. Oft scheitere es ja nur an der Sprache - ohne die keine Arbeit, ohne Arbeit kein Geld, keine Wohnung und keine Perspektive, "das ist ein Teufelskreis".

Seit 2010 knapp 2.000 Flüchtlinge erreicht

Menschen wie Svea Ssamaya fordern deshalb besseren Zugang zu Sprach- und Integrationskursen für alle Flüchtlinge und eine schnellere Arbeitserlaubnis. Ssamaya ist seit 2008 Flüchtlingsberaterin bei der Kölner Caritas, einem der Träger des Projekts "Bleiberecht am Rhein". Das Projekt läuft seit 2010. Bisher haben sie damit knapp 2.000 Flüchtlinge aus 68 Ländern erreicht, vorwiegend aus Afghanistan, Eritrea, dem Irak und Iran. 950 konnten sie in Maßnahmen, Schulen oder Ausbildungen vermitteln.

"Das wichtigste ist, Flüchtlingen so schnell wie möglich Unterstützung anzubieten", sagt Ssamaya. Es kämen viel mehr Menschen nach Deutschland als noch 2010, von Analphabeten bis Ärzten. Jeder brauche Hilfe - ob bei Deutschkursen oder Anerkennung von Zeugnissen. "Die Menschen müssen nicht nur arbeiten, sie wollen es", betont die Caritasmitarbeiterin. Oft werde man aber erschlagen von der Bürokratie. "Und manchmal sind die Wünsche dann größer als die Möglichkeiten."

Vom Iran über Afghanistan, die Türkei und Griechenland nach Deutschland

Asghar Djafari hatte sich weggewünscht. Zuerst aus Afghanistan, als er sechs Jahre alt war. Weil es da zu gefährlich war, flüchtete er mit seiner Mutter und Schwestern in den Iran, sein Vater war im Krieg umgekommen. Dann wollte er auch da weg. "Weil es für junge Afghanen im Iran keine Perspektive gibt", sagt Djafari. Morgens Schule, abends Teppich knüpfen. Zwischendurch immer Ausgrenzung, Misstrauen, Polizeikontrollen. Er wollte weg, wohin war egal, "Hauptsache Europa". Er sparte Geld, ging zu Menschenschleppern, "ohne die geht es nicht", erklärt der 22-Jährige. Mutter und Schwestern blieben.

Nachts traf er die Schlepper am Grenzgebirge zur Türkei. Zuerst waren sie zu fünft, auf dem Berg kamen Dutzende in der Dunkelheit hinzu. Der Weg führte nach Istanbul, und von da aus mit Schlauchbooten nach Griechenland. Djafari nahm das letzte. "Die ersten waren so überfüllt", erinnert er sich. Er hatte Angst, das Boot käme niemals an. Später in Griechenland rieten ihm die Schlepper, nach Deutschland zu trampen, da seien die Straßen schön und die Menschen ordentlich in Anzügen.

Asghar Djafari ist jetzt 22, sieht aber älter aus. Das höre er oft, das liege an der ganzen Fluchtgeschichte. Fragt man nach seinen Wünschen für die Zukunft, sagt er: Einen sicheren Beruf haben, Geld verdienen, ein Auto kaufen. In seiner Freizeit spielt er Fußball und guckt deutsche Filme. Ob Deutschland jetzt seine Heimat sei? "Mein Vaterland bleibt Afghanistan." Aber zurück will er nicht.


Quelle:
KNA